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Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg zum Abgasskandal

03.05.2018 Nürnberg.

Ein Autokäufer, der seinen Autohändler im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal auf Rückabwicklung eines Neuwagenkaufvertrages verklagt hatte, hatte auch in der zweiten Instanz keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hält zwar einen Mangel des Fahrzeuges für gegeben, ist aber der Ansicht, dass die vom Kläger gesetzte Frist zur Nachbesserung zu kurz war. Deshalb hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg mit Urteil vom 24. April 2018 die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Ansbach zurückgewiesen.

Der Kläger kaufte am 30. September 2014 von der Beklagten, einem Autohaus, einen VW Tiguan, welcher mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet war. Die Übergabe des Fahrzeugs fand am 28. November 2014 statt. Im Februar 2016 wurde der Kläger von der Volkswagenaktiengesellschaft (VW AG) darüber informiert, dass sein Fahrzeug mit einer Software ausgestattet sei, welche die Stickoxidwerte im Vergleich zwischen Prüfstandlauf und realem Fahrbetrieb verändere. Ferner teilte die VW AG dem Kläger mit, dass an einer Rückrufaktion gearbeitet werde und dass er sein Fahrzeug ohne jegliche Einschränkung in gewohnter Weise weiter nutzen dürfe.

Mit Schreiben vom 24. März 2016 forderte der Kläger die Beklagte auf, das Fahrzeug bis 7. April 2016 nachzubessern. Das Fahrzeug habe höhere Emissionswerte als beim Verkauf angegeben. Es sei eine Manipulationssoftware verwendet worden, welche die Emissionswerte schöne. Die Beklagte bat den Kläger mit Schreiben vom 29. März 2016 um Geduld. Es werde auf Kosten von VW ein Software-Update vorgenommen. Man werde den Kläger sobald wie möglich über den Zeitplan informieren.

Mit Schreiben vom 11. April 2016 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Nachdem die Beklagte eine Rücknahme des Fahrzeuges abgelehnt hatte, erhob der Kläger am 11. Mai 2016 Klage zu dem Landgericht Ansbach auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. In der Folgezeit ließ der Kläger, obwohl ihm die Beklagte dies angeboten hatte, kein Software-Update vornehmen. Das Landgericht Ansbach wies mit Endurteil vom 20. Januar 2017 die Klage ab und begründete dies damit, dass aufgrund der deutlich unter 1 % des Kaufpreises liegenden Mangelbeseitigungskosten ein Mangel, so er denn vorliege, unerheblich sei.

Gegen dieses Urteil legte der Kläger, welcher im Hinblick auf den gekauften Pkw auch einen Rechtsstreit mit dem Ziel der Rückgabe gegen die VW AG vor dem Landgericht Stuttgart führt, Berufung ein. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg hat die Berufung zurückgewiesen. Der Senat legt in seinen Entscheidungsgründen dar, dass das Fahrzeug des Klägers mit einem Mangel belastet sei. Es eigne sich aufgrund seiner tatsächlichen Beschaffenheit nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung. Bei der Frage, welche Beschaffenheit ein Fahrzeug aufweisen müsse, seien verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. Allein die Tatsache, dass das Auto fahrtauglich ist und bislang das Kraftfahrt-Bundesamt die Betriebserlaubnis nicht entzogen hat, sei nicht ausreichend. Den Fahrzeughaltern sei es nicht freigestellt, die Nachbesserung durchführen zu lassen oder nicht. Ohne das Software-Update drohe die Entziehung der Betriebserlaubnis. Vor Ausführung des angebotenen Updates sei das Fahrzeug nicht vorschriftsmäßig. Darin liege ein Sachmangel. Der Käufer eines Neuwagens erwarte für den Verkäufer erkennbar, dass das gelieferte Fahrzeug den Vorschriften entspreche.

Nach Ansicht des Senats dürfte der Mangel auch erheblich sein, da ohne die Nachbesserung der Entzug der Betriebserlaubnis drohe. Auch wenn der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand bei der Beurteilung der Frage, ob ein Mangel erheblich sei oder nicht, eine besondere Bedeutung habe, seien daneben auch sonstige Aspekte zu berücksichtigen. Das Fahrzeug erfülle einen wesentlichen Qualitätsaspekt nicht, da der Kläger mit dem Entzug der Betriebserlaubnis rechnen müsse, solange nicht nachgebessert sei.

Der Anspruch des Klägers scheiterte jedoch im konkreten Fall daran, dass der Kläger nach Auffassung des Senats keine ausreichende Frist zur Nachbesserung gesetzt hatte. Die ursprünglich gesetzte Frist war nach Ansicht des Senats unangemessen kurz. Auch die Klageschrift, welche als erneute konkludente Rücktrittserklärung anzusehen sei, sei bereits knapp acht Wochen nach der Aufforderung zur Nachbesserung zugestellt worden. Eine Frist von weniger als zwei Monaten sei nach den gegebenen Umständen, insbesondere wegen der Notwendigkeit einer behördlichen Freigabe des Updates, nicht ausreichend. Welche Frist tatsächlich angemessen gewesen wäre, ließ der Senat offen. Es handle sich um eine Frage des Einzelfalls.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat der Senat die Revision zugelassen.

Urteil des Landgerichts Ansbach vom 20. Januar 2017, Az. 2 O 755/16 Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 24. April 2018, Az: 6 U 409/17
 

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