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Finanzierung der Pflege neu regeln

26.10.2021 Feucht.

Offizielle Eröffnung des Seniorenzentrums Gottfried Seiler in Feucht – Diskussion über Pflegekosten
 
„Pflege im Alter ist das Armutsrisiko Nummer 1 in Deutschland“, brachte es Karl Schulz, Vorstand Dienste der Rummelsberger Diakonie, bei der offiziellen Eröffnung des Seniorenzentrums Gottfried Seiler in Feucht vor rund 80 Gästen auf den Punkt. Darunter waren auch Landrat Armin Kroder, der Feuchter Bürgermeister Jörg Kotzur, Kommunalpolitiker sowie der komplette Vorstand der Rummelsberger Diakonie mit Finanzvorstand Dr. Tobias Gaydoul, Diakonin Elisabeth Peterhoff, Älteste der Rummelsberger Diakoninnengemeinschaft und Diakon Peter Barbian, Leiter der Rummelsberger Brüderschaft. „Die Politik sollte und muss endlich umsetzen, was Wohlfahrtsverbände schon seit Jahren fordern: Pflegebedürftige zahlen nur für Unterkunft und Verpflegung und beteiligen sich an den Investitionskosten der Einrichtung. Die Pflege hingegen soll komplett von den Pflegekassen übernommen werden“, machte Schulz deutlich.
 
Seit August 2021 kostet ein Platz im Seniorenzentrum Gottfried Seiler 2.800 Euro Eigenanteil. Dieser berechnet sich, so Vorstand Schulz, nach der aktuellen Gesetzeslage. Die Pflegesätze werden mit dem Bezirk und den Pflegekassen ausgehandelt. Vergleichbare neue Einrichtungen bewegten sich auf gleichem Niveau. Nur könnten sich die meisten Menschen diese monatlichen Beträge nicht leisten. Deshalb müssten politische Lösungen her. Er mahnte eindringlich: „Hier braucht es eine wirkliche grundlegende, strukturelle Veränderung im System. Sonst wird es über kurz oder lang kollabieren. Die Politik muss jetzt tätig werden, es kann doch nicht sein, dass der schwarze Peter weiter bei den Angehörigen, den Bewohner*innen und den Mitarbeiter*innen liegt.“
 
Als ein erster Schritt trete ab 1. Januar eine neue Pflegereform in Kraft und dann sinken die Eigenanteile für Pflegebedürftige. Das neue Modell ist gestaffelt nach der Zeit, die die Menschen in einer Pflegeeinrichtung verbringen. „Wer Pflegegrad 3 hat und dieses Jahr erstmals in eine Senioreneinrichtung gezogen ist, der zahlt nach aktuellen Vorausrechnungen im Gottfried künftig knapp 60 Euro weniger im Monat“, nannte Karl Schulz ein Beispiel.
 
Das Seniorenzentrum in der Zeidlersiedlung ist eine moderne Einrichtung mit 30 Apartments und 80 stationären P?egeplätzen. Außerdem gibt es im Erdgeschoss eine Tagesp?ege, in der 20 Gäste aus Feucht tagsüber eine Beschäftigung ?nden. Die viergeschossige Einrichtung ist in H-Form gebaut und im Innenhof be?ndet sich ein Garten, den auch Menschen mit einer demenziellen Erkrankung genießen können. Das Konzept für das „Gottfried“ hat die Rummelsberger Diakonie auf die Wünsche der Marktgemeinde Feucht abgestimmt. Insgesamt hat die Rummelsberger Diakonie 16 Millionen Euro in die Hand genommen, um dieses lang erwünschte Angebot für Senior*innen zu verwirklichen. Bei der offiziellen Eröffnung sprach der evangelische Pfarrer Roland Thie Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen seinen Segen aus. Der Festakt wurde musikalisch begleitet vom Mitarbeiter*innenchor und von Pavel Sandorf.
 
Landrat Armin Kroder positionierte sich bei der Eröffnung des Gottfrieds für die kommunale Familie: „Die Pflegekosten über die Pflegeversicherung abzubilden wäre eine gute Lösung.“ Er wies auch darauf hin, dass die Babyboomer demnächst in Rente gingen und auch gepflegt werden müssten. Seiner Meinung nach müsste das Ansehen von Menschen mit Pflegeberufe in der Gesellschaft deutlich verbessert werden und junge Menschen animiert werden, einen Pflegeberuf zu ergreifen.
 
Denn auch im Gottfried herrscht Fachkräftemangel. „Von den 80 Plätzen im Pflegewohnen sind noch 30 frei. Und das nicht, weil keiner kommen will. Wir haben bereits eine lange Warteliste. Leider können wir uns nicht um mehr Menschen kümmern, weil uns vor allem Pflegefachkräfte fehlen“, informierte Karl Schulz.
 
Die Rummelsberger Diakonie ist aktiv in der Personalsuche. Mit der Traumberufe-Kampagne sucht sie in der Metropolregion mit Plakaten und Aktionen nach neuen Mitarbeitenden. Zusammen mit dem Rummelsberger Stephanushaus engagiert sich das Gottfried im Netzwerk care4future. Die Rummelsberger Diakonie, die Zentrale Diakoniestation im Dekanat Altdorf, die Berufsfachschule für Pflege und Altenpflegehilfe Nürnberg sowie die Mittelschule Feucht und die Staatliche Realschule Feucht wollen mit einem Bildungsprogramm Pflegeberufe ins Bewusstsein der Schüler*innen rücken.
 
Feuchts Bürgermeister Jörg Kotzur bedauerte, dass Pflegekräfte im Gottfried fehlten und betonte, wie froh er sei, dass diese Einrichtung in Feucht mit der Rummelsberger Diakonie als kompetenter Partner realisiert werden konnte. „Ich freue mich, dass wir als flächenmäßig eine der kleinsten Gemeinden im Landkreis eine Fläche gefunden haben, auf der das Seniorenzentrum gebaut werden konnte.“
 
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