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Ampel will Wasserkraft den Hahn zudrehen

22.06.2022 Kallmünz.

Gotthardt: „Energiewende geht anders, Herr Habeck“
 
Betreiber kleiner Wasserkraftwerke in Bayern gehen auf die Barrikaden: Das sogenannte Osterpaket der Ampelregierung in Berlin bedroht ihre Existenz. Alleine sechs von ihnen gibt es im Bereich der Marktgemeinde Kallmünz. Durch die geplante Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2023 sehen Experten ein Anlagensterben voraus. Für MdL Tobias Gotthardt ein No-Go. Gemeinsam mit seiner Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER gibt er den Energiemüllern volle Rückendeckung.
 
„Wir setzen uns dafür ein, dass die kleine Wasserkraft weiterhin über das EEG gefördert wird“, sagt MdL Tobias Gotthardt von den FREIEN WÄHLERN. „Der Bund will diese Förderung für kleine Wasserkraftwerke mit dem ‚Oster-Paket‘ abschaffen. Das ist völliger Irrsinn! Bayern hat bereits einen Antrag auf Änderung im Bundesrat gestellt, aber die Mehrheit der Länder lehnt das bisher ab.“ Für ihn steht fest: „Wir müssen jetzt handeln. Sonst droht vielerorts das Aus für regional erzeugte, grüne Wasserkraft“ - und die deckt in Bayern immerhin 15 Prozent der Stromproduktion. Rund um Kallmünz gibt es sechs solcher Wasserkraftwerke, die von der Regelung betroffen wären. Allein die beiden Kraftwerke in Traidendorf und Kallmünz könnten 1000 Elektro-Autos ganzjährig versorgen. Oder 750  Haushalte inklusive Wärmeerzeugung.
 
Das Gesetzespaket zur Energiewende von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht vor, kleine Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von weniger als 500 Kilowatt (kW) künftig nicht mehr zu fördern, „aus ökologischen Gründen“, wie es in der Begründung heißt. Viele dieser Kraftwerke könnten infolge der Gesetzesnovelle langfristig vor dem Aus stehen. Zwar fallen viele noch unter ältere Versionen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Der Strom, den sie erzeugen, wird damit für einen festgelegten Zeitraum weiterhin über die bestehende EEG-Umlage gefördert. Nach dieser Frist könnten viele aber unrentabel werden. Auch eine Modernisierung soll nicht mehr gefördert werden. Die nächste Schließungswelle könnte dann Ende des Jahrzehnts folgen, wenn die EEG-Förderung für viele Kleinkraftwerke ausläuft.
 
80 Prozent des deutschen Wasserkraftstroms werden in Bayern und Baden-Württemberg erzeugt. Insbesondere im süddeutschen Raum würden die vielen dezentralen Anlagen dazu beitragen, die Netzspannung zu halten, sagt Otto Weig. Ihm gehört das Wasserkraftwerk in Traidendorf. Die Vils wurde an dieser Stelle schon seit dem Mittelalter als Kraftquelle genutzt: Sie trieb einen Eisenhammer an und seit Mitte des 19. Jahrhunderts stand dort eine Spiegelglas-Schleiferei. Die stellte 1938 die Produktion ein und die Stromerzeugung begann. „Wenn die Wasserkraft in der Fläche zurückgebaut wird, verlieren wir ein hohes Maß an Netzstabilität“, sagt Weig. Anders als fluktuierende Quellen wie Windkraft und Photovoltaik liefen Wasserkraftwerke rund um die Uhr Energie und seien daher nicht so einfach zu ersetzen. Er räumt ein, dass noch nicht alle kleinen Kraftwerke auf dem neuesten ökologischen Stand sind. Weig selber habe seine Anlage daher heuer  für rund als 850.000 Euro modernisieren lassen. Das Auslaufen der Förderung könne nun aber dazu führen, dass Investitionen in den Artenschutz erst recht nicht erfolgen, sagt Weig.
 
Zunächst muss das Gesetzespaket aber noch vom Bundestag verabschiedet werden, Änderungen sind nicht ausgeschlossen. „Und dafür machen wir uns aktuell stark“, sagt MdL Tobias Gotthardt. Es handelt sich „nur“ um ein Einspruchsgesetz. Von daher kann die Ampel-Koalition im Bund die Schlechterstellung der Wasserkraft mit eigener Mehrheit im Bundestag beschließen. „Deshalb ist unser Ziel nun auch die Öffentlichkeit auf diesen Missstand hinzuweisen. Mit unserem hohen Anteil an kleinen Kraftwerken trifft die EEG-Novelle unsere Region besonders hart. Jeder will doch grünen Strom. Was Besseres kann es da geben, als Wasserkraft? Zumal diese Anlagen sind ja schon da – aber statt neue Anlagen zu errichten, wird den alten das Wasser abgegraben. Energiewende geht anders.“
 
„Müssten wir das Kraftwerk aufgeben, dann wäre das das Ende einer Geschichte, die hier vor knapp 800 Jahren begonnen hat“, sagt Franz Hirschmann. Der pensionierte Lehrer betreibt das Kraftwerk Vilsmühle in Kallmünz. Sein ganzes Leben prägt das kleine Kraftwerk. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Mühle in einem Dokument aus dem 13. Jahrhundert. „Mindestens seit dieser Zeit machen sich die Menschen hier an dieser Stelle die Wasserkraft zu Nutze.“ Hirschmanns Großvater kaufte die Mühle mit Sägewerk 1904 und baute die Anlage zur Stromerzeugung um. Vom Kornmüller zum Energiemüller. Seit dem surren die Generatoren neben dem Biergarten der Roten Amsel – eben dem Biergarten, in dem sich Wassily Kandinsky und Gabriele Münther damals näher kamen. Dieses Surren der Generatoren prägt das Leben von Franz Hirschmann. Er ist damit aufgewachsen und die kleinste Änderung in der Tonlage alarmiert ihn – ruft ihn schneller aus dem Schlaf an die Schalttafel, als die automatischen Routinen die Maschine bei einer Störung neustarten können.
 
„Um das Kraftwerk weiter – auch auf dem Stand der Technik – betreiben zu können, brauchen wir eine sichere Vergütung.“  Ohne die Förderung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz sieht Hirschmann keine Zukunft. „Mich wird es nicht mehr treffen – ich übergebe die Anlage in diesem Jahr an meinen Sohn. Aber für ihn wird es kritisch.“
 
„Es ist ein Teil Geschichte, eine sehr lange Tradition, die hier verloren gehen würde“, sagt Georg Schießl, Betreiber der St. Georgimühle in Schirndorf. Auch ihre erste urkundliche Erwähnung geht auf die Mitte des 13. Jahrhunderts zurück. „Ich weiß noch, wie mein Großvater mir immer voller Stolz erzählt hat, wie er hier Getreide gemahlen und das Licht fürs Dorf produziert hat. Viel hat er mir auch über die schwierige Zeit des 2 Weltkrieges erzählt, hier kamen viele Menschen um etwas Mehl zu bekommen damit sie für ihre Familien Brot backen konnten um etwas zu Essen auf den Tisch zu haben.“ Das tut die Familie heute freilich in einem größeren Maßstab – Stichwort: dezentrale Grundlastversorgung. Wichtig sei, dass die Politik jetzt handle und das Paket der Regierung in Berlin mit seiner schlimmen Oster-Überraschung für die Kraftwerkbetreiber abgewendet werde. „Die Politik soll sich auf den Kern fokussieren und Erneuerbare Energie – wie es gedacht ist - am Leben gelassen werden. Es geht um nichts, was neu hinzu kommt. Sondern um die kleinen Anlagen, die schon da sind. Das wäre fatal. Denn die Novelle würde das Aus für die kleinen Mühlen-Kraftwerke bedeuten.“
 
„Was ich heute allein hier in Kallmünz gesehen habe zeigt mir, dass wir in Bayern nicht auf die Wasserkraft verzichten können“, sagt der Oberpfälzer Landtagsabgeordnete Tobias Gotthardt. „Wir brauchen sie an den Standorten, an denen sie bereits besteht. Und wir brauchen die Sicherheit für die Betreiber. Deshalb ist es alles andere als ‚grün‘, wenn die Ampel und der grüne Wirtschaftsminister versuchen, die ‚kleine Wasserkraft‘ mit Berliner Brille hier in Bayern auszutrocknen. Wir als FREIE WÄHLER werden alles dafür tun, dass die bestehenden Wasserkraftwerke und ihre Betreiber weiterhin unterstützt werden.“
 
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