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New Orleans in Neumarkt

16.03.2023 Neumarkt.

Wenn vier gut gelaunte Musiker, die offensichtlich Spaß an ihrer Musik haben, auf die Bühne kommen und das Publikum bereits nach dem ersten Song für sich eingenommen haben, dann verspricht einem das, einen kurzweiligen Abend zu bekommen. Wenn die vier dann noch Musiker der Extraklasse sind, dann kann es ein exzellenter Genuss werden. Und genau das war es letzten Samstag im G6 bei Ludwig Seuss und seiner Band, der auf Einladung des Kulturvereins K3 nach Neumarkt gekommen war. Er hatte versprochen, die Besucher nach New Orleans zu entführen, und dieses Versprechen löste er ein. Dabei spannte er einen weiten Bogen vom Jump-Blues über Boogie bis zu seiner Leidenschaft, Cajun und Zydeco. Den ersten Teil des Konzerts bestritt Seuss mit Boogie-lastigem Louisiana-Blues, Titel von Willie Dixon, Fats Domino oder Ray Charles animierten das Publikum zum Mitklatschen, einige Mutige auch zum Mittanzen. Dass Seuss die Stücke nicht einfach coverte, sondern ihnen seinen eigenen Stempel aufdrückte, ließ viele der alten Klassiker überraschend frisch klingen. Nach der Pause griff Seuss wie bei der Ballade „Lead me on“ dann immer öfter zum Akkordeon, das er ebenso virtuos beherrscht wie das Boogie-Piano oder die extrem perkussiv bespielte Hammond-Orgel. Da stimmen alle Phrasen, und die Bandmitglieder spielen sich die musikalischen Bälle rasant hin und her. Bei seinen zahlreichen Soli konnte man glatt vergessen, dass die Band gerade gar nicht mitmachte.

Und die andern drei, unauffällige Begleiter? Mitnichten! Der Berclee-Absolvent Titus Vollmer hat offenbar bei seinen zahlreichen Aufenthalten in den Südstaaten den Sound des Südens verinnerlicht. Seine Gitarre klang authentisch, einfühlsam, melodisch und konnte dann doch in den Soli furios und treibend werden. Ebenso virtuos beherrschte er das Bottleneck-Spiel an der E-Gitarre, wenn sie einfühlsam zum Blues jammerte und klagte.

Tom Peschel, seit vielen Jahren der Bassist in der Seuss-Band, fügte sich meist unauffällig in das musikalische Gefüge ein. Mit seinen exakt getimten Bassläufen lieferte er, zusammen mit dem Schlagzeuger Manfred Mildenberger, das rhythmische Fundament. Den Beweis, dass beide auch exzellente Solisten sein können, blieben sie dem Publikum nicht schuldig. In seinen Schlagzeug-Soli holte Mildenberger von ratternden Rimshot-Stakkatos über dumpfe Tom-Gewitter, die zischende, bisweilen knarzende Snare ein unglaubliches Klang- und Geräuschvolumen aus seinem Instrument. Der Szenenapplaus war entsprechend.

Zu einem basstechnischen Glanzstück schwang sich der sonst eher im Hintergrund stehende Perschel bei seinem Solo im vorletzten Stück des Abends auf, als er in „Sweet Little Country Girl“ den teils mehrstimmigen Melodiepart mit übernahm und den Bass zugleich perkussiv bearbeitete.

Kritik? Dass der Abend nach knapp drei Stunden inklusive Pause schon vorbei war. Die rund 80 Besucher blieben bis zur letzten Minute und feierten geradezu die Zugaben, “Love Potion Nr. 9“ und das furios gespielte „Down the Road“, mit denen sich die Band, immer noch bestens gelaunt, verabschiedete. Und ja, es war ein grandioser Abend, ein Leckerbissen für Freunde erdiger, handgemachter Musik ohne Synthie-Schnickschnack und absolut live.

Text: F.X. Müller Fotos: Egbert Schwab, Kurt Ehrenreich (Whatsapp-Bilder)

 

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