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Gedaken zum Pfingstfest 2017 v. Dekan Msgr. Richard Distler

31.05.2017 Neumarkt.

„Europa muss sich jetzt auf sich selber besinnen“, so meinten die meisten Bundespolitiker dieser Tage nach dem Desaster des G 7- und Natogipfels vorige Woche mit dem amerikanischen Präsidenten. Aber wie sieht diese Selbstbesinnung aus? Was hält Europa zusammen? Sind es allein die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen im Sinne einer EWG, einer europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, wie die EU ursprünglich hieß? Aber ist daraus nicht eher eine Konkurrenz entstanden, als eine Einheit und kann eine rein ökonomische Institution 27 Länder eines Kontinents überhaupt zusammenhalten? Gewiss, was Europa zusammenhält, das sind die Werte wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Das sind hehre Werte, aber dennoch hat sich mittlerweile auch in Europa der Nationalismus breit gemacht, wo immer mehr nur auf sich selber schauen. Kann der christliche Glaube  Europa zusammenhalten? Irgendwie gab es doch mal ein christliches Abendland, aber gibt es das auch heute noch? Viele bezweifeln das, denn nur ein Teil der Europäer bekennt sich zum Christentum. Dennoch waren die Gründungsväter vor 60 Jahren wie Adenauer, De Gaulle, Robert Schumann und De Gasperi sehr stark vom christlichen Glauben und vom Gedanken eines christlichen Europas geprägt. Sie sahen ihr geistiges Fundament in der christlichen Gesellschaftslehre, im Evangelium und in der humanistischen Tradition Europas. Aber gibt es dieses Fundament auch heute noch, wenn sich, wie die Politik sagt, Europa künftig mehr auf sich selber besinnen soll? Eine Chance wäre es zumindest, denn unser Kontinent braucht nicht allein eine wirtschaftliche Basis, sondern auch eine geistige und geistliche. Von diesem geistlichen Fundament für die Kirche und für die Welt spricht das kommende Pfingstfest. Es kündet uns vom Pfingstgeist, vom Geist Gottes und vom Heiligen Geist, der Menschen unterschiedlicher Sprache, Herkunft und Nation zusammenbringen, zusammenhalten und sogar vereinen kann. Aber ist ein solches Pfingstwunder auch heute noch möglich? Wir möchten am liebsten daran zweifeln im Blick auf die Welt und auf die Kirche. Da gibt es doch die Erfahrung: Wer hört denn wirklich schon auf den andern? Beharrt nicht jeder lieber auf dem eigenen Standpunkt und sieht nicht jeder „sich selbst zuerst“? Oder um mit der Pfingstlesung aus dem Buch Genesis zu sprechen: Baut nicht jeder am liebsten nur für sich an seinem eigenen Turm, ohne auf den andern zu achten? Werden nicht solche „babylonischen Türme“ auch manchmal in Familien gebaut, unter Nachbarn, Kollegen, Verwandten und Bekannten? Aber was ist die Folge? Zerrissenheit, Spaltung und immer mehr Angst voreinander. Man igelt sich ein und wagt nicht mehr, zum andern ein Fenster oder eine Türe zu öffnen. Pfingsten ist genau das Gegenteil. Pfingsten ist das Fest der offenen Türen und Herzen, das Fest des sich Verstehens und aufeinander Zugehens. Doch wer sich in Europa oder im kleinen Bereich einer Familie verstehen will, der braucht einen Standpunkt, ein Fundament. Wäre da nicht gerade der christliche Glaube so ein tragfähiges Fundament und eine Kraftquelle, auf die sich ganz Europa und jeder Einzelne von uns wieder besinnen könnten? Wer dies tut, der kann durchaus die Erfahrung machen, welche Wunder des Verstehens auch heute der pfingstliche Heilige Geist bewirken kann.       

 

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