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Abschlussfeier zum Erfolg des Volksbegehrens mit allen aktiv Beteiligten

20.02.2019 Neumarkt.

Das Volksbegehren Artenvielfalt – Rettet die Bienen hat mit 18,4 die 10%-Hürde locker übersprungen. Im Kreis Neumarkt war der Erfolg bemerkenswert, gelang es doch, über 18% der wahlberechtigten Bürger in die Rathäuser zur Unterschrift zu bringen. Damit liegt der Kreis weit über dem Durchschnitt in der Oberpfalz. Weder die Initiatoren noch die vielen Helfer ließen sich von einigen Bauernfunktionären beirren und warben zwei Wochen lang für eine nach wissenschaftlichen Erkenntnissen dringend gebotene Stärkung der Artenvielfalt.



Zwei Wochen lang machten „Rathauslotsen“ mit ihren orangen Westen und dem Aufdruck „Rettet die Bienen“ auf ihr Anliegen aufmerksam. Eine 17-jährige Schülerin meinte: „wenn ich schon noch nicht unterschreiben darf, möchte ich wenigstens möglichst viele Mitbürger zur Unterschrift bewegen“. Gertrud Heßlinger kommentierte: „Mir geht es auch um Enkelgerechtigkeit.. Ich möchte allen Kindern und Enkelkindern eine intakte Umwelt hinterlassen“.

Immer mehr Menschen erkennen, dass der Umgang mit der Natur und der Mitwelt ein anderer werden muss. Verantwortung für unser aller Zukunft sprach immer wieder aus den Kommentaren.

Für die Initiatoren und Unterstützer des Volksbegehrens bedeutet dies, dass weiterhin viel Engagement notwendig sein wird. Denn es ist allen klar: mit diesem ersten großen Erfolg ist noch nicht viel erreicht. Die Politik ist jetzt gefordert, diese klare Willensbekundung so umzusetzen, dass die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt und ihrer Lebensräume wieder deutlich gesteigert wird und dies im Einklang mit allen Zielgruppen geschieht.

Weit über einhundert Bündnisse unterstützten das Volksbegehren Artenvielfalt. Im Raum Neumarkt waren ÖDP, Grüne, LBV, BN, Imker, SPD, Linke und FW Mühlhausen federführend tätig. Für alle aktiv Tätigen gab es jetzt in der Pizzeria des Holzheimer Sportheims eine „Erfolgsfeier“, bei der aber der Blick in erster Linie nach vorne gerichtet war. „Wir werden die angestrebten Ziele nicht aus den Augen verlieren“ verkündete Wolfgang Pranner von der ÖDP

Die Initiatoren sind für eine Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft – hier kämpft niemand gegen die Bauern. Es gilt, die Förderprogramme so zu gestalten, dass Natur und landwirtschaftliche Familienbetriebe davon profitieren. Es müssen aber auch z.B. die Bebauungspläne den neuen Zielen angepasst und umgesetzt werden. Straßen- und Siedlungsbau können nicht ungebremst weiter der Natur zu Leibe rücken.

Wenn Fenstergrößen, Sprossenanzahl oder Dachwinkel im Bebauungsplan vorgegeben werden, warum dann nicht auch Eckpunkte für einen ökologisch orientierten Garten? Ein großer Hausbaum liefert auch in 50 Jahren den Bienen und Hummeln noch Nektar, ob aber die momentan modische Fensterform dann noch jemand sehen kann, ist sehr fraglich. Das Diktat der Freiwilligkeit hat eine gefährliche Entwicklung bewirkt. „Wir brauchen Regeln, die uns eine gesicherte Zukunft ermöglichen“, so Gabi Bayer, Kreisvorsitzende der Grünen.

In den letzten 10 Jahren mussten über 12.000 Bauernhöfe in Bayern schließen. Das Volksbegehren zur Rettung der Artenvielfalt war in den letzten Tagen bestimmt durch die Debatte um den scheinbaren Konflikt zwischen Artenvielfalt und landwirtschaftlichen Existenzen. Tatsächlich ist im derzeitigen System auch der Landwirt eine bedrohte Spezies. Bis 2030 wird eine weitere Halbierung der Zahl der Betriebe für Bayern vorhergesagt. Diese Entwicklung geht einher mit besorgniserregenden Trends in unseren Agrarökosystemen.

„Das Volksbegehren zur Rettung der Artenvielfalt will diese schlimmen Trends stoppen und umkehren. Bienen und Bauern können nur zusammen gerettet werden“, meint BN Vorstandsmitglied Alfons Greiner.

Die Initiatoren des Volksbegehrens hoffen darauf, dass MP Markus Söder beim Runden Tisch Ergebnisse erzielt, die sowohl die Artenvielfalt stärken, als auch die Landwirte für ihre kulturellen und ökologischen Leistungen gebührend belohnen. „Nicht nur in Bayern, sondern auch auf Bundesebene müssen die agrarpolitischen Rahmensetzungen so erfolgen, dass die landwirtschaftlichen Betriebe umweltverträglich Nahrungsmittel erzeugen können“, so Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND-Bundesverbands. Knapp 60 Milliarden Euro werden in der EU jährlich für Agrarsubventionen ausgegeben. Nur ein Bruchteil davon fließt in Maßnahmen für eine nachhaltige, naturverträgliche Landwirtschaft. In Bayern werden jährlich 250 Millionen Euro aus Agrarumweltprogrammen an die Landwirte gezahlt. Und dennoch sind hier über 90% bei Kiebitz, Rebhuhn oder Braunkehlchen verschwunden. „Ziel muss also eine andere Landwirtschaft sein, wir brauchen landesweit pestizidfreie Kommunen, ein Umdenken in den Hausgärten und bei den öffentlichen Grünflächen und eine Weiterentwicklung beim Waldumbau bis hin zu deutlich mehr nutzungsfreien Wäldern“, fordert Dr. Bernd Söhnlein, Kreisvorsitzender des Landesbund für Vogelschutz.

Foto: Alfons Greiner

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