Wettbewerbsfähigkeit hat höchste Priorität
28.10.2024 Schwandorf.
Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen müssen wieder auf Wachstum gestellt werden, fordert der IHK-Industrieausschuss. Dazu gehören ein massiver Bürokratieabbau, eine verlässliche Energiepolitik sowie grundlegende Reformen.
Deutschland steckt in einer handfesten Strukturkrise und auch die ostbayerischen Industriebetriebe blicken mit Sorge auf die schwindende Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandorts. Der IHK-Industrieausschuss forderte in seiner Sitzung bei der Nabaltec AG in Schwandorf die Politik zu entschlossenem Handeln auf. Hauptkritikpunkte sind überbordende Bürokratie, eine unzureichende Energiepolitik und die mangelnde Umsetzung bei politischen Ankündigungen.
„Die Lage ist ernst! Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, insbesondere auch des Verarbeitenden Gewerbes, muss jetzt ganz oben auf der Agenda stehen“, betonte der Vorsitzende Stephan K. Fischer bei der Sitzung des IHK-Fachausschusses Industrie, Umwelt, Energie und Technologie. Der andauernde wirtschaftspolitische Schlingerkurs der Bundesregierung habe Unsicherheiten geschürt und dazu geführt, dass Investitionen zurückgehalten wurden und der private Konsum nicht richtig angesprungen ist.
Unter dem Joch der Bürokratie
Die Konjunkturschwäche komme nun auf dem Arbeitsmarkt an. Ebenso sieht die Industrie für die nahe Zukunft keine nennenswerten Wachstumsimpulse. „Die Politik geht notwendige Reformen viel zu zaghaft an. Sie kommen in Folge bei den Betrieben nicht spürbar an“, sagte Fischer. Mit Blick auf den geplanten Industriegipfel des Bundeskanzlers Olaf Scholz Ende Oktober ergänzte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Johannes Helmberger: „Spitzengespräche sind gut. Sie bringen aber nur etwas, wenn ernsthaft an den strukturellen Herausforderungen gearbeitet wird.“ Letztendlich zählten keine Absichtserklärungen, sondern die Ergebnisse.
„Die Unternehmen beklagen vor allem eine stetig wachsende bürokratische Belastung, die Innovationen, Investitionen und Wachstum behindert“, berichtete IHK-Abteilungsleiter Thomas Genosko. Die IHKs appellieren schon seit Jahren an die EU-Kommission und die Bundesregierung, bestehende Bürokratie konsequent abzubauen und keine neuen Belastungen zu schaffen. Ebenso auf kommunaler Ebene müssten Ermessensspielräume wirtschaftsfreundlich genutzt sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren massiv beschleunigt werden.
Energiepolitik braucht Impulse
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Energiepolitik. „Energiepolitik ist Standortpolitik und gerade für Industriebetriebe von entscheidender Bedeutung“, erläuterte Fischer. Die hohen Energiepreise in Deutschland stellten einen massiven Wettbewerbsnachteil für die heimischen Industriebetriebe dar. Diese stünden im starken internationalen Wettbewerb, müssten aber teilweise ein Vielfaches des Strompreises schultern, den ihre Konkurrenten im Ausland bezahlen.
Gastgeber Johannes Heckmann, Vorstandsvorsitzender der Nabaltec AG, bestätigte die Bedeutung der Energiekosten als Standortfaktor. Die Nabaltec AG ist ein Chemieunternehmen, das hochspezialisierte Füllstoffe und Spezialoxide entwickelt, produziert und vertreibt. Flammenhemmende Füllstoffe werden beispielsweise bei Kabeln, in Tunneln, Flughäfen, Hochhäusern und elektronischen Geräten eingesetzt. Dazu wird viel Energie benötigt. Sein Unternehmen investiert seit Jahren in eine energieeffiziente Produktion, benötigt aber dennoch ausreichend grundlastfähigen und bezahlbaren Strom.
Infrastruktur zügig ausbauen
Die IHK fordert stabile Netzentgelte, eine Senkung der Steuern und Abgaben auf den Strompreis sowie einen beschleunigten Ausbau der Stromnetze und Speicherkapazitäten. So haben etwa viele Unternehmen in eigene PV-Anlagen investiert. Diese werden aber regelmäßig abgeregelt, da an sonnigen Tagen ansonsten zu viel Strom im Netz ist. Deshalb müsse auch mit Blick auf das Gelingen der Energiewende der Netzausbau beschleunigt und Speicherkapazitäten ausgebaut werden, so der Konsens.
Ein Bereich der Energiewende, der an Fahrt aufnimmt, ist die kommunale Wärmeplanung. Professor Dr.-Ing. Markus Brautsch von der OTH Amberg-Weiden stellte aktuelle Planungen vor, die eine Chance für eine nachhaltige Energieversorgung mit lokalen Möglichkeiten seien. Eine Ausbau- und Anschlussgarantie für alle Wärmenetzgebiete bestehe allerdings nicht. Planer sollten jedoch auf jeden Fall Kontakt mit den Unternehmen vor Ort aufnehmen, riet Brautsch.