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Interessante Rede mit einer wichtigen Botschaft in die Gesellschaft hinein

21.03.2024 Neumarkt.

Gestern fand die Haushaltsdebatte des Neumarkter Stadtrates statt, hier finden Sie die komplette Rede vom UPW/FW-Fraktionsvorsitzenden Martin Meier.


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Stadträtinnen und Stadträte,
 
wirft man den Blick in das umfassende Zahlenwerk des diesjährigen Haushaltsplans, dann kann man mit einem Satz die daraus resultierende Bilanz zusammenfassen: 
 
Unsere Stadt ist finanziell gesund. 
 
Wir sind zum aktuellen Zeitpunkt in Bezug auf die Finanzkraft im bundesweiten Vergleich der Städte und Kommunen im vordersten Drittel angesiedelt. 
 
Mit einem wieder fast schwindelerregenden Volumen von knapp über 171 Millionen Euro beschließen wir die diesjährige Haushaltssumme. Damit erreichen wir eine Steigerungsrate von 6,85 % gegenüber dem Vorjahr. 
 
Ursächlich für das Finanzfundament sind im Besonderen die Gewerbesteuereinnahmen. Nach Abzug der 15 Millionen Euro Nachzahlungen aus den Coronajahren, pendeln wir uns hier in der Bilanz bei großartigen 35 Millionen Euro ein. Ebenso erwarten uns im Abwicklungsergebnis des Jahres 2023 etwa 29 Millionen Euro bei den Einkommensteueranteilen.
 
Neumarkt ist durch kluge Gewerbepolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte auf dem Markt wettbewerbsfähig. Neumarkt ist attraktiv für Firmen und Gewerbetreibende und besitzt eine durchaus nennenswerte Strahlkraft, die regelmäßig auch auf Städte- und Landkreistagen positiv Erwähnung findet und oftmals als „beispielhaft“ zur Sprache kommt. 
 
Das sind schöne Lorbeeren – aber wie heißt es auch so treffend: Darauf dürfen wir uns nicht ausruhen. 
 
Erfolg zu haben und an der Spitze zu stehen ist vor allem eines, nämlich hart. Es gibt jedoch etwas das noch härter ist und noch mehr Arbeit voraussetzt, nämlich an der Spitze zu bleiben. 
 
Daher ist es unerlässlich, auch künftig den Fokus auf die vorausschauende Strategie zu legen, Unternehmertum und Gewerbe zu unterstützen. Es ist unerlässlich den Fokus darauf zu legen, dass diese Haupteinnahmequellen weiter „sprudeln“. Das nämlich ist unser Elixier, um unsere Stadt überhaupt auf diesen hohen Lebensstandard hieven und vor allem halten zu können. 
 
Expandierende Unternehmen, die sich für den Standort Neumarkt entscheiden, müssen gefördert werden. Es ist demnach schwer nachzuvollziehen und -ehrlich gesagt- manchmal auch schwer zu ertragen, mit welcher verbalen Wucht Einzelne solche Unternehmen konfrontieren und unter dem Deckmantel „nachhaltiger“ Argumentationen gar ablehnen. 
 
Arbeitsplätze, und damit soziale Stabilität, erreicht man nicht, wenn man sich nur von Ideologie leiten lässt. Nachhaltig zu denken heißt auch, nachhaltig zu wirtschaften. 
 
Um dieses Finanzniveau auch weiterhin zu gewährleisten steht es außer Frage, die dementsprechenden Anreize beizubehalten. 
 
Die niedrigen Hebesätze in Grund- und Gewerbesteuer dürfen nicht verändert werden. Der gesunde Branchenmix unserer Geschäftswelt muss weiterhin so koordiniert und durchgehend gepflegt werden. 
 
Beim Blick in eine zukunftsgerichtete Ausrichtung darf man sich auch nicht scheuen, neue Gewerbeflächen auszuweisen, um eben weitere solvente Geschäftsfelder anzusiedeln. Hier denke ich im Besonderen an die Gewerbefläche im Bereich Frickenhofen, die mit Autobahnanschluss prädestiniert dafür ist und die ich hiermit mit allem Nachdruck einfordere, alsbald in die Zukunftsplanungen einzubeziehen.  
 
Wir profitieren in Neumarkt von einem stabil angelegten Fundament, um auch die vor uns liegenden Aufgaben und Ausgaben zunächst noch ohne Sorge abwickeln zu können. Ich sage aber ganz bewusst „zunächst“. 
 
In den nächsten zwei bis drei Jahren gilt es, erhebliche Abfinanzierungen im Millionenbereich zu leisten, die unseren Stadtsäckel schwer belasten werden. Restabwicklungen für das Hochschulgebäude, Freibadsanierung, die Sanierung der Schulen an der Weinberger Straße und in Wolfstein, Altstadtprojekte wie Stadtpark, Hitzhaus und die Arealplanungen um die Abtsdorfer Gasse schlagen zeitnah zu Buche.  
 
Noch gar nicht mit eingerechnet sind in diese Aufzählung die noch ausstehenden Zahlungen für die Kita an der Brunnenstraße, der jährliche Defizitausgleich des Schlossbades sowie die Kosten für den gesetzlichen Ganztagesanspruch, der bereits seine Schatten vorauswirft, all‘ dies auch im Bereich von sechsstelligen Summen. Addiert man nun noch die anstehenden 30 Millionen für die neue Hauptfeuerwache sowie den diskutierten Neubau der Grundschule Woffenbach mit ein, so ist es kein mathematisches Kunststück zu erkennen, dass wir Bedacht und Vorsicht walten lassen müssen. 
 
Es braucht bei jeder Entscheidung immer den Blick über den Tellerrand hinaus. 
 
Warum spreche ich das an: 
 
Wir sehen uns konfrontiert mit globalen Krisen und damit verbundenen Unwägbarkeiten. 
 
Wir erleben zurzeit im dritten Jahr in Folge einen massiven Kapitalabfluss aus Deutschland. Es hat in der Geschichte der Bundesrepublik noch kein Jahr gegeben, geschweige denn drei in Folge, in denen unsere Volkswirtschaft so viel Investitionskapital verloren hat wie in der gegenwärtigen Zeit. 
 
Die Konsequenz wird sein, dass die verfügbaren Mittel aus den Bundes- und Landeshaushalten gerade im Bereich der förderfähigen Zuwendungen gedämpft oder ganz gestrichen werden müssen. Heißt, Kommunen werden einen Großteil ihrer Investitionskosten auf verschiedensten Ebenen entweder selbst tragen müssen oder, im schlechtesten Fall, schlichtweg bestimmte Investitionen nicht mehr tätigen können.  
 
Diesen Weitblick fordere ich von allen ein. Das muss auf kommunalpolitischer Ebene erkannt werden, das müssen wir in die Entscheidungsprozesse mit einbeziehen, uns darauf besinnen und danach handeln. 
 
Wir brauchen also bei allen unseren künftigen Projekten, insbesondere auf dem Bausektor, einen sehr sensiblen Blick auf die jeweilige Kostenlage. Die primäre Herangehensweise muss bei Projektplanungen auf Pragmatismus und Funktionalität liegen. Und glauben sie mir, auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden, das Ergebnis wird nicht weniger schön sein. 
 
Meine Damen und Herren,
 
Entscheidungsprozesse und Kompromissfindungen sind ganz gewiss nicht immer einfach. Aber sie sind das Ergebnis einer gelebten Demokratie mit all‘ ihrer Vielfalt der Meinungen, einer Demokratie, für die es sich zu kämpfen lohnt. 
 
Demokratie ist nicht einfach da, sondern wir müssen stetig miteinander für sie arbeiten. Jeden Tag. 
Manchmal jedoch, so fürchte ich, gehen wir mit den demokratischen Errungenschaften etwas zu leichtfertig um, als müssten wir nichts für sie tun, als ob sie sich von Generation zu Generation einfach weitergeben ließen. Wir erleben aber in diesen Zeiten zusehends Angriffe auf so hohe Güter wie die Pressefreiheit, wir erleben eine Öffentlichkeit und immer mehr sich radikalisierende parteipolitische Strömungen, in denen demagogisch mit Lügen und Desinformation Ressentiments, ja gar purer Hass, geschürt werden, ohne Hemmung, ohne Scham. 
 
Unsere Demokratie lebt von der Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung und zur Selbstkorrektur. Sie lebt vom Ausgleich der Interessen, sie lebt von Solidarität und Vertrauen. Übrigens auch vom Vertrauen in Fakten. Wissenschaftliche Erkenntnis und fachliche Expertisen werden wie selbstverständlich durch selbsternannte Experten auf allen Gebieten geleugnet und münden schlussendlich in Verschwörungstheorien. Eine toxische Mischung, die immer mehr in die Gesellschaftsschichten hineinkriecht. 
 
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 
 
davon dürfen wir uns nicht beeindrucken lassen, aber, wir müssen diese Strömungen erkennen und gemeinsam dagegen angehen. 
 
Die Speerspitze ist hier die Basis, sprich‘, die Kommunalpolitik. Wir müssen vorausgehen, eine Vorbildfunktion einnehmen und alles dafür tun, um dieses Geschwür, das sich an den radikalen Rändern festbeißt, zu bekämpfen. 
 
Das ist wichtiger als andere, denn wenn uns dies als Gesellschaft entgleitet, ist alles andere nichts.
 
 
20.03.2024
Martin Meier
UPW-Fraktionsvorsitzender 
 
Foto: Weidinger
 
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