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Rossmarkt ist abgesagt - kein Pferdeauftrieb in Berching

30.01.2021 Berching.

Dampfende Rösser, rote Backen, der Geruch von Bratwürsten und gebrannten Mandeln – dies sind Erinnerungen an den Rossmarkt Anfang des Jahres. Am 3. Februar 2021 wird man weiter in Erinnerungen schwelgen müssen. Der Berchinger Rossmarkt wird zum ersten Mal seit 1966 nicht stattfinden. „Die Aussicht auf Lockerungen hinsichtlich der Reglungen für Veranstaltungen ist schlecht“, schätzt Bürgermeister Ludwig Eisenreich. Der Traditionstermin ist quasi ein Feiertag in Berching und ein wichtiger Marktfür die Standbetreiber, die die ganze Innenstadt über die Altstadtmauer hinaus in ein riesiges Wintervolksfest verwandeln und als wichtige Einnahmequelle in der Winterzeit sehen. Auch für die Gasthäuser, die an diesem Tag Hochbetrieb haben und Platz zum Aufwärmen bieten, fällt eine weitere Einnahmequelle weg.

„Sicherlich schmerzt es sehr, den Rossmarkt abzusagen. Er gilt als Treffpunkt für Rosserer und als Saisonstart für viele Pferdeveranstaltung in ganz Bayern“, weiß Reinhard Buchberger als Hauptorganisator der Veranstaltung. Auch die vielen Gäste, die nach Berching von weit her anreisen und das Engagement aller mit ihrem Besuch würdigen, werden ganz sicher vermisst.

Eine Ersatzveranstaltung, ein Rossmarkt im Kleinformat, in der Berchinger Altstadt wird es vermutlich nicht geben. Es wird also still sein und die Straßen werden leer bleiben. „Wenn es uns gelingt werden wir auf einem anderen Weg an den Rossmarkt erinnern. Beim diesjährigen #volksfestdahoam haben wir den Zusammenhalt bereits unter Beweis gestellt“, blickt Buchberger etwas wehmütig in die Zukunft.

Zur Geschichte des Berchinger Rossmarkts

Der eigentliche Ursprung des heutigen Berchinger Rossmarkts ist im Jahr 1920. Am 5. Oktober dieses Jahres hatte der damalige Magistrat beschlossen, bei den zuständigen Behörden einen Antrag auf Abhaltung zweier „Pferde- und Fohlenmärkte“ zu stellen. Neben einer Absatzförderung für die während des 1. Weltkriegs stark ausweitete Pferdezucht in der Region, dürften dabei in erster Linie eigene wirtschaftliche Erwägungen im Vordergrund gestanden haben. Ein überregionaler Markttag brachte zahlreiches und zahlungskräftiges Publikum in die Stadt - zum Nutzen der ansässigen Geschäftswelt. Es sollten allerdings noch sechs Jahre ins Land gehen, ehe am 3. Febraur 1926 der erste "Berchinger Pferde- und Fohlenmarkt" stattfinden konnte. Im Unterschied zu heute handelte es sich damals um einen reinen Pferdemarkt. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs fanden die Märkte ohne Unterbrechung statt.

Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg

Mit dem Jahr 1947 wurden in Berching die Vieh- und Krammärkte und in der Folge auch der schon traditionell gewordene Rossmarkt wieder aufgenommen. Wie vor dem Krieg wurden kleine Preise ausgesetzt und die Pferdehändler strömten zahlreich in die Stadt. Nach einem erfolgreichen Start machten sich allerdings bald zunehmende Schwierigkeiten bemerkbar. Neben zweier Absagen wegen der grassierenden Maul- und Klauenseuche in den Jahren 1952 und 1966 machte die zunehmende Motorisierung in der Landwirtschaft dem Handel mit Pferden seit Ende der 50er Jahre schwer zu schaffen. Seit Mitte der 60er Jahre war der Berchinger Pferde-und Fohlenmarkt wie zahlreiche andere Pferdemärkte in Bayern - gar in seiner Existenz bedroht. Die Berchinger wollten „ihren“ Rossmarkt auf keinen Fall aufgeben. Seit 1964/65 wird zeitgleich mit dem Pferdemarkt in Berching der große „Bauernjahrtag im Westjura“ veranstaltet. Zusätzlich sollten höhere Prämien mehr Pferdebesitzer veranlassen den Roßmarkt zu beschicken. Damit einher ging die Wandlung voneinem Pferdemarkt zu einer „Pferdeschau“ mit großem Warenmarkt. Statt der früher vorherrschenden Kaltblüter wurden nun zusätzlich Reitpferde und Ponys aufgetrieben und zur Schau gestellt. Gerettet war der Rossmarkt damit noch keinesfalls.

Aufschwung in den 70ern

Erst Anfang der 70er Jahre nahm der Berchinger Pferdemarkt einen überraschenden Aufschwung. Statt wie in den Jahren zuvor nur noch 50 - 60 Pferde konnten die Besucher nun immer häufiger 100 und mehr Rösser bestaunen. Die Zahl der Besucher addierte sich regelmäßig auf 20 - 30.000. Die Gründe für eine solche Renaissance mögen vielfältig sein. Zum einen war es der Stadt gelungen, zugkräftige Politiker als Festredner zu gewinnen. Zum anderen dürfte die größere Mobilität, die auch weiter entfernten Pferdebesitzern die Möglichkeit gab und gibt, den Markt zu beschicken, dann das Aussterben anderer Pferdemärkte, eine wiedererwachte Sehnsucht nach der – vorautomobilen – „guten alten Zeit“ und der zunehmende Bekanntheitsgrad Berchings die Anziehungskraft des Rossmarkts gestärkt und sein Überleben gesichert haben.

Foto: Archiv / nma

 

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