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Preisverleihung „Projekt: Antirassismus“ am BSZ Neumarkt

08.06.2019 Neumarkt.

Der Abschluss eines wirklich erfolgreichen „Antirassismus-Projektes“ fand am 06.06.2019 im Rahmen einer Preisverleihung am Beruflichen Schulzentrum statt.
Die Schüler hatten vier Wochen lange Zeit, am Kreativwettbewerb zum Thema „Rassistische Diskriminierung“ teilzunehmen. 
 
Eine bunt gemischte Jury wählte schließlich die Gewinner aus. Insgesamt wurden sechs wirklich tolle Preise verliehen, darunter ein Doppelpreis. 
 
Den 1. Preis, ein „iPad“ gewann Selina Benz aus der Klasse KFR 11. Der 2. Preis, ein „200 € Neumarkter Geschenkgutschein“ ging an Sabrina Frank und Vanessa Dehn aus der Klasse WEH 10 b. Den 3. Preis, ein Samsung Tab erhielt Luise Kränzlein aus der Klasse KFR 11.
 
Als Ehrengäste durften wir bei der Verleihung Herrn Christian Mickisch vom Lions Club und Herrn Helmut Rauscher von der Bürgerstiftung begrüßen. 
 
Ohne die finanzielle Unterstützung durch zahlreiche Sponsoren wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen. Dafür ganz herzlichen Dank!
 
 
Unsere Schule ist seit 10 Jahren eine „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“. Um diesen Titel mit Inhalt zu füllen, versuchten die Fachbereiche Deutsch und Sozialkunde in diesem Schuljahr entsprechende Veranstaltungen zu organisieren. Am Montag, den 11. März startete am BSZ Neumarkt dazu das vierzehntägige Anti-Rassismus-Projekt. 
 
 
Den Auftakt machte die Lesung „DAS ANDERE LEBEN – Kindheit im Holocaust“. Hierbei zogen der Schauspieler Thomas Darchinger und der Musiker Wolfgang Lackerschmid die Schülerinnen und Schüler mit der Geschichte des jungen litauischen Judens Solly Ganor in ihren Bann und machten sein Schicksal während des Zweiten Weltkrieges für die Jugendlichen lebendig. Der Junge muss erfahren, was es bedeutet zu hungern, Freunde und Familie leiden zu sehen und zu verlieren, keine Kraft mehr zu haben – das alles unter den Augen der Nationalsozialisten. Solly wird schlussendlich während eines Marsches von den Alliierten befreit - er hat die Schreckensherrschaft überlebt. 
 
 
Theater Elly und Ingo - Zwei Menschen, Elly und Ingo erfahren bereits in jungen Jahren brutale häusliche Gewalt, d.h. sie haben ähnlich schlechte Startbedingungen ins Leben. Sie schlagen jedoch gegensätzliche Lebenswege ein, bleiben aber beide auf tragische Weise ihrem Schicksal verbunden.
Elly, das ist die reale Figur Elly Maldaque, wollte in ihrem Beruf als Lehrerin in den Anfängen der Nazizeit voller Idealismus ihre Schüler nach dem Motto „Ein Mensch will gut sein“ zu selbstbestimmten, mitfühlenden Menschen erziehen. Aufgrund ihrer freidenkerischen Ideen, wurde ihr, nach Denunziation durch „Hakenkreuzler“, fristlos gekündigt. Kurz Zeit später verwies die Stadt sie in eine Nervenheilanstalt, wo sie nach wenigen Tagen unter ungeklärten Umständen verstarb. Ingo, der Skinhead steht beispielhaft für die heutige rechte Szene. Die Figur ist zwar fiktiv, wurde jedoch vom Regisseur durch eingehende Recherchen und Interviews mit Skinheads sehr realitätsnah herausgearbeitet. Das Elternhaus, in welchem Schläge und Gefühlskälte auf der Tagesordnung stehen, macht aus ihm einen brutalen Schläger. Im Kreis von Gleichgesinnten findet er eine neue Heimat und lebt in lautstarken Aggressionen gegen Schwächere eigene Hilflosigkeit und Erfahrungen mit Gewalt aus.
 
 
Am 18. März begrüßte der Schulleiter des Beruflichen Schulzentrums Neumarkt Herrn Pastor Greve von der Organisation "Open Doors" zu einem Vortrag, der sich mit der Verfolgung von Christen befasste. Open Doors ist ein internationales überkonfessionelles christliches Hilfswerk evangelikaler Prägung, das sich in über 60 Ländern der Welt für Christen einsetzt, die aufgrund ihres Glaubens diskriminiert oder verfolgt werden. Nachdem Herr Greve die Organisation "Open Doors" vorgestellt hatte, berichtete er von einer wachsenden religiösen Intoleranz auf der Welt, die den Weltfrieden bedrohe. Wo Religionsfreiheit sei, sei der größere soziale Friede. Gebe es keine Religionsfreiheit, gebe es keine Meinungsfreiheit und keine Versammlungsfreiheit. Autoritäre Regierungen würden daneben, unabhängig von der jeweiligen Staatsreligion, einen totalen Anspruch auf ihre Bürger und deren Loyalität erheben. Christen, die ihren Glauben ernst nähmen, würden sich aber aus ihrem Glauben heraus nur Gott vollständig unterwerfen. Das mache sie zur Zielscheibe intoleranter Systeme. Greve appellierte an die anwesenden Schüler sich für die Einhaltung von Menschenrechte einzusetzen und befürchtete, dass der religiöse Nationalismus weltweit auf dem Vormarsch sei. Anhand einzelner Schicksale in verschiedenen Ländern verdeutlichte er die religiöse Verfolgung..

Die Ausstellung „Opfer rechter Gewalt“ porträtierte 183 Menschen, die rechter Gewalt seit 1990 zum Opfer fielen. Viele wurden getötet, weil für sie im Weltbild der Rechtsextremisten kein Platz ist; manche, weil sie den Mut hatten, Nazi-Parolen zu widersprechen. Einige Schicksale bewegten die Öffentlichkeit, viele wurden kaum zur Kenntnis genommen, vergessen sind die meisten Die Ausstellung basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen, vor allem auf Zeitungsartikeln. Sie dokumentierte das Bild, das sich die Gesellschaft von den Opfern rechter Gewalt gemacht hat: Manche Fälle führten zu öffentlicher Empörung oder waren Anlässe politischer Kontroversen; von vielen der Toten jedoch wurde nie ein Foto veröffentlicht, von manchen noch nicht einmal ihre Namen. Die Ausstellung rief diese Menschen in Erinnerung.

Im Rahmen der „internationalen Wochen gegen Rassismus“ fand am 13.03.2019 eine Lesung des Buches „Jahrhundertzeugen: Die Botschaft der letzten Helden gegen Hitler. 18 Begegnungen“ durch den Journalisten und Buchautoren Tim Pröse statt. Ermöglicht wurde dieser Vortrag durch die Hans-Seidel-Stiftung, deren Aufgaben Helmut Christa zu Beginn kurz vorstellte. Tim Pröse gelang es eindrucksvoll, Geschichten von Verfolgten und anderen Helden, die sich unter Einsatz Ihres eigenen Lebens, dem NS-Regime entgegenstellten, zu erzählen. Für sein Werk sprach er unter anderem mit einem 19-jährigen Soldaten, der ein Selbstmordattentat auf Adolf Hitler verüben sollte; der Witwe von Oskar Schindler; dem Unternehmer Berthold Beitz, der zahlreiche Juden vor der Ermordung bewahrte; Inge Scholl, einer Schwester der Geschwister Scholl und dem Ausschwitzüberlebenden Jehuda Bacon.
 
Lifestyle, Codes, Symbole und Strukturen von Rechtsradikalen
 
Sie hetzen gegen Ausländer, betreiben bei nächtlichen Fackelmärschen „Heldenverehrung“ von NS-Verbrechern und sind oft erschreckend jung. Thomas Witzgall beobachtet seit Jahren Mitglieder rechtsradikaler Gruppierungen in Bayern. Im Rahmen des „Anti-Rassismus-Projekts“ berichtete er an der Berufsschule Neumarkt vor ca. 150 Schülern von seiner nicht ganz ungefährlichen Arbeit. Thomas Witzgall ist Fachjournalist für Rechtsradikalismus und arbeitet auch für die Internetplattform „ENDSTATION RECHTS“, eine Internetseite, die tagesaktuell über Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland berichtet. Herr Witzgall geht als Journalist u.a. zu rechten Kundgebungen und Konzerten und dokumentiert mit der Kamera die äußeren Zeichen der Teilnehmer: „Vom stereotypen Springerstiefelträger bis hin zum „Nipster“ einem Nazi, der sich wie ein angesagter Hipster kleidet“, sei alles dabei. Dabei hält er Symbole, Banner, Kleidungsmarken, Buttons, Tattoos und Gürtelschnallen im Bild fest. „Denn die Vorstellung von Neonazis als Glatzköpfe mit Bomberjacken und Springerstiefeln ist falsch“, beschreibt Herr Witzgall seine Klientel, die es ihm nicht immer einfach mache, seine Arbeit zu erledigen.
 
 
Günter Kohl, Regionalbeauftragter für Demokratie und Toleranz hatte es sich zum Ziel gesetzt angehenden Landwirten spielerisch und provokativ das Thema Diskriminierung näher zu bringen. Hierbei startet er mit der Interpretation der Schülernamen. Schnell stellten die Auszubildenden fest, dass kaum ein Name deutschen Ursprungs war. Die meisten Namen hatten ihren Ursprung im mehr oder weniger europäischen Ausland. Zahlreiche Arbeitsaufträge für die Schüler folgten. Hierbei nutzt Kohl immer wieder eine provokative bzw. spielerische Art um die Schüler zum Nachdenken zu bringen. So fragte es sie zum Beispiel nach den Eigenschaften von Ausländern und Deutschen um unmittelbar anschließend die Vorurteile sichtbar zu machen. Es folgten weitere Rollenspiele, bei denen die Schüler viele Eindrücke mit nach Hause nehmen konnten, um künftig dem Thema „Diskriminierung“ anders bzw. bewusster zu begegnen.
 
 
Zeitzeuge Ernst Grube NS-Zeitzeuge beeindruckte am 19. März über 100 Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Schulzentrums in Neumarkt. Während der Aufführung herrscht absolute Stille im Raum. Die Betroffenheit der jungen Auszubildenden, die aufmerksam den Erzählungen des 86-Jährigen folgten, war nach einem Blick in die Runde ganz deutlich zu spüren. Ernst Grube, gebürtiger Münchner war das Kind einer jüdischen Krankenschwester und eines links-politisch engagierten Vaters. Nach der Enteignung der Familie im Jahre 1938, kamen er und seine Geschwister in ein jüdisches Kinderheim. Er berichtet von Anfeindungen, wie er und seine Geschwister bespuckt und als „Judensäue“ beschimpft wurden. Immer wieder betont der Zeitzeuge die Rolle seines Vaters, der sich trotz großen Drucks weigerte, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Dies rettete ihm und seinen Geschwistern das Leben. Im Februar 1945 deportierten ihn die Nazis schließlich ins Ghetto Theresienstadt. Dort lebte er in ständiger Angst vor möglichen Übergriffen der Nazis.
 
 
Ein außergewöhnlicher Besuch: Am 21.03 konnten sich die Schüler auf Martin Rietsch alias Sänger und Rapper „2schneidig“ freuen. Der Künstler hielt für unsere jungen Auszubildenden einen Workshop. Er engagiert sich seit vielen Jahren gegen Rassismus und sprach auch über rassistisch begründete Vorurteile und Diskriminierung. Als Deutscher, der mit nigerianischen Wurzeln in der Bundesrepublik aufwuchs, machte 2schneidig bereits als Kind Erfahrungen mit Diskriminierung und Rassismus. Er selbst wurde aufgrund seiner schwierigen Familiensituation, früh kriminell und lebte sogar teilweise auf der Straße. Der Künstler sprach r von mehreren Suizidversuchen im jungen Erwachsenenalter. Glücklicherweise schaffte Rietsch den Absprung. Heute steht er als Vorbild vor Kindern und Jugendlichen und setzt sich gegen Gewalt, Rassismus und Mobbing ein.
 
Naziaussteiger
 
Die BIGE, das ist die zentrale Informations- und Beratungsstelle der Bayerischen Staatsregierung. Sie unterstützt und fördert Bekämpfungsansätze gegen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit sowie Reichsbürger und Selbstverwalter. Sie sind Ansprechpartner für alle Bürger, Schulen, Kommunen, Behörden, Vereine, Verbände und Unternehmen. Deshalb bot die BIGE vielfältige Informationen in Form von Vorträgen, Workshops und Beratungsleistungen an, mit denen den Schülern der oft schwierige Umgang mit Extremismus näher gebracht wurde. Denn eine wehrhafte Demokratie setzt das Wissen um die Gefahren voraus, die vom Extremismus ausgehen. Am Beispiel eines Naziaussteigers verdeutlichten die Referenten die vielfältigen Problem, die sich durch die Radikalisierung ergeben können und zeigten aber gleichzeitig die Möglichkeiten eines Ausstiegs aus der Extremistenszene auf.
 
Begleitet wurde das zweiwöchige Programm von einem Kreativwettbewerb zum Thema „Rassistische Diskriminierung“. Die Preisverleihung des Wettbewerbs fand am Donnerstag den 6.6.2019 am Beruflichen Schulzentrum statt. Insgesamt wurden sechs wirklich tolle Preise verliehen, darunter ein Doppelpreis. 
Den 1. Preis, ein „iPad“ gewann Selina Benz aus der Klasse KFR 11. Der 2. Preis, ein „200€ Gutschein Neumarkt“ ging an Sabrina Frank und Vanessa Dehn aus der Klasse WEH 10 b. Den 3. Preis, ein Samsung Tab S erhielt Luise Kränzlein aus der Klasse KFR 11.
 
Als Ehrengäste durften wir bei der Verleihung Herrn Christian Mickisch vom Lions Club und Herrn Helmut Rauscher von der Bürgerstiftung begrüßen. 
Ohne die finanzielle Unterstützung durch zahlreiche Sponsoren wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen. Dafür ganz herzlichen Dank!
 

Carolin Dinauer und Thomas Trappe

Fotos: André Lindner

 

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