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Mühlhausen muss bezahlen

02.12.2015 München / Regensburg / Mühlhausen.

Wie der Leiter der Tierklinik Regensburg schriftlich mitteilte, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München diese Woche eine Entscheidung gefällt, welche von richtungsweisender Bedeutung ist: Das erstinstanzliche Urteil des Regensburger Verwaltungsgerichts wurde abgeändert. Die Gemeinde Mühlhausen hat die Kosten einer Fundtierbehandlung aus dem Jahr 2013 zu erstatten.
Der 1. Bürgermeister der Gemeinde Mühlhausen weigerte sich, die noch offenen Behandlungskosten einer schwerverletzten Katze zu tragen.


Aber einmal ganz von vorne: Nadine Bösl, selbst Besitzerin dreier Hunde, liebt Tiere, wie sie im Interview mit neumarktaktuell sagt.

Nadine erinnert sich noch gut daran, wie sie an einem Samstag im Sommer 2013 nachts von einer Feier in Sulzkirchen nach Hause Richtung Parsberg fuhr - es war ca. 01:00 Uhr morgens.
In der Nähe von Mühlhausen sah sie eine Katze auf der Straße liegen. Im ersten Moment dachte sie, die Katze sei tot. Doch als sie und ihr Freund an dem Tier vorbeifuhren, hob die Mieze ihren Kopf.
Für Nadine war sofort klar, sie müsse anhalten, um nach der Katze zu sehen. Offenbar war diese verletzt. Sie nahm die Katze mit ins Auto und machte sich auf den Weg zu dem Tierarzt, der auch ihre Hunde immer behandelt. Wie sich im Nachgang herausstellte, war dieser auf einem Seminar und konnte keine Erstversorgung an der angefahrenen Katze vornehmen.
Also blieb den beiden Findern nichts anderes übrig, als mit der laut jammernden Katze, nach Regensburg in die Tierklinik zu fahren.
Nadine erzählte uns auch, dass sie sich schon auf dem Weg zur Klinik darüber Gedanken machte, wer die folgende Behandlung nun zahlen muss, wenn kein Besitzer ermittelt werden kann. Die Tierärztin, die sie in Regensburg antrafen, teilte ihnen dann mit, die Katze sei weder tätowiert noch gechipt. Frau Bösl müsse nun die Polizei anrufen und ihnen den Fundort mitteilen. Die Kommune des Fundortes sei in solchen Fällen der Kostenträger einer solchen Behandlungsmaßnahme. Denn juristisch betrachtet, handelte es sich bei der angefahrenen Katze nämlich um eine Fundsache.

Unangenehm in Erinnerung blieb Nadine Bösl aber der Polizist am Telefon: "Er fragte mich, weshalb ich wegen einer Dorfkatze bis nach Regensburg fahren würde. Für mich stand das aber nie zur Debatte, ich wollte dem Tierchen ja helfen."
Einige Tage später erhielt Nadine Bösl die Mitteilung, dass trotz ihrer Hilfe das Kätzchen eingeschläfert werden musste. Die Verletzungen waren einfach zu schwer.
Als sie vor einigen Tagen in der Presse las, die Gemeinde Mühlhausen prozessiere noch heute, zwei Jahre nach dem Vorfall, wegen den Behandlungskosten mit der Tierklinik, war sie richtiggehend geschockt.
"Ich finde die Aussage des Mühlhausener Bürgermeisters, er wolle vor einer solchen Behandlung informiert werden, ein bisschen übertrieben.", so Nadine Bösl.
Tatsächlich war es der Finderin das auch nicht möglich, denn sie wusste nachts um 01:00 Uhr weder, wer der Bürgermeister des Fundortes ist, noch, dass er informiert werden müsse bzw. wolle.
Frau Bösl fand es von der Tierklinik vorbildlich, dass sie hinsichtlich der Behandlungskosten nicht in Anspruch genommen wurde. Sie wäre gerne als Zeugin bei der Verhandlung dabei gewesen, um zu erfahren, ob sie die Katze auf der Straße liegen lassen hätte sollen, schrieb sie uns abschließend.

Nadine liebt Tiere - nicht nur ihre eigenen (Fotos: Nadine)


 
neumarktaktuell sprach am Montagnachmittag auch mit dem Rechtsbeistand der Gemeinde Mühlhausen, Herrn Rechtsanwalt Dr. Söhnlein. Der Anwalt sieht in Nadines Verhalten keinen Fehler. Es sei "grundsätzlich richtig" gewesen.
Auf die Frage von neumarktaktuell, ob der Rechtsanwalt, der gleichzeitig auch Kreisvorsitzender des Vogelschutzbundes ist, seinen Mandanten ohne Gewissensbisse hier vor Gericht vertreten kann, antwortete Söhnlein kurz und knapp mit: "Ja, das kann ich". "Man soll sich lieber einmal einen Gedanken darüber machen, ob man denn alle Kosten auf die Staatskasse abwälzen will."

Auf weitere Fragen wollte Söhnlein dann nicht mehr eingehen. Söhnlein erwartet die schriftliche Urteilsbegründung in 1-2 Wochen.
Die Tierschutzorganisation "Schutzengel für alle Felle" zeigte sich enttäuscht und traurig, dass man über solche Kosten überhaupt prozessieren muss. Viele Kommunen arbeiten Hand in Hand mit ihnen. Jetzt zu hören, dass Mühlhausens Bürgermeister Hundsdorfer die entstandenen Kosten nicht übernehmen möchte, fänden sie alles andere als gut, erzählte uns ein Mitglied der Organisation, welches seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
"Mit solchen Prozessen steigt auch die Gefahr, dass Menschen lieber an einem verletzten Tier vorbeifahren und es liegen lassen, anstatt zu helfen. Vielleicht aus Angst, dass man dann Probleme bekommt. Aber Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat eine Entscheidung getroffen, die uns sehr freut.“
 

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