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BUND Naturschutz bezieht Stellung

22.04.2020 Neumarkt.

Der Streit um die B 299 geht weiter - hier lesen Sie einen Brief des BUND Naturschutz

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Sie nehmen in der Tagespresse Stellung zur Kritik am Ausbau der B299 rund um Neumarkt.
 
Dort verweisen Sie auf bestehende Beschlüsse. Die Frage ist, wann und unter welchen Vorgaben wurden diese gefasst? Fest steht, dass sich hinsichtlich der Beurteilung des Verkehrs in den letzten fünf Jahren in unserer Gesellschaft Grundlegendes getan hat. Die Zeiten, in denen ein Verkehrsminister Scheuer lebt, sind längst vorbei. Die Diskussion um den Klimawandel hat den Individualverkehr auf den Prüfstand gebracht und fordert völlig neue Lösungen. Dazu gehört bestimmt nicht mehr der Ausbau einer Umgehung zur autogerechten Schnellspur. Hier muss der Stadtrat völlig neu diskutieren und entscheiden. Oder will die Stadt Neumarkt alle Nachhaltigkeitszertifikate zurückgeben? Bestehende Beschlüsse: Deutschland hat auch einmal festgelegt, voll in den Ausbau der Atomenergie zu investieren. Die Zivilgesellschaft hat mit Beharrlichkeit den Ausstieg erzwungen, ohne radikal werden zu müssen. Es bedurfte hier zwar sogar eines zweiten Anlaufs durch die japanische Reaktorkatastrophe, aber wir sind auf gutem Weg und können nur hoffen, dass nicht vor 2022 noch Unsägliches passiert. Auch beim Straßenverkehr wäre es wünschenswert, wenn wir nicht hinterherhinken würden.
 
Es ist nicht verwunderlich, dass viele Menschen ziemlich sauer reagieren auf die geplanten Baumaßnahmen. Ich selbst habe bei verschiedenen Veranstaltungen, die sich nicht auf den Straßenbau bezogen, den Unmut der Bürger gehört. Wenn ältere Damen aus Pölling auf mich zu kommen und sich heftig darüber beschweren, wie sie von Vertretern der Straßenbaubehörden ziemlich rüde angegangen wurden und von dieser Seite signalisiert wurde, dass die Behörde auf dem Standpunkt stehe, es wäre sowieso schon alles entschieden. Außerdem wurde ziemlich unmissverständlich klargestellt, dass die Bürger sowieso nicht durchblicken würden. Die Behördenvertreter wüssten schon, was sie zu tun haben!
 
Darauf kann ich nur entgegnen, dass diese eben nicht wüssten, wie sie sich zu benehmen haben. Die einen werden einfach nicht gehört und die anderen will man mit Enteignungsdrohungen einschüchtern. Diese Zeiten sollten wir eigentlich hinter uns haben.
 
Nun ist mir klar, dass diese Aussagen nicht von Ihren Mitarbeitern kamen. Aber wenn Sie hinter den Absichten der Straßenbaubehörden stehen, ist zu befürchten, dass deren Ton auf Sie zurückfällt.
 
Über die „mediale Mitteilung“ kann man unterschiedlicher Meinung sein. Ich kenne aber viele, die gewaltig auf diese Planung schimpfen, aber nie einen Leserbrief schreiben würden. Also können Sie die geschriebene Ablehnung schon mal vervielfachen.
 
Der Gesamtausbauplan hat offensichtlich im Stadtrat in der Vergangenheit auch nie die Darstellung erfahren, die er auf Grund seiner Stärke an Veränderung bekommen muss. Also sind die Bürger zu loben, die das Problem in die Öffentlichkeit gebracht haben. Wir können in der Stadt nicht über neue, nachhaltige Verkehrskonzepte diskutieren, es dann aber zulassen, dass die alten, überkommenen Strukturen für Rückschritt sorgen.
 
Sie erwähnen die Ortsumgehung von Mühlhausen: dieses Teilstück hat in aller Deutlichkeit gezeigt, in welchen Gigantismus Planungen ausufern können, wenn sie nicht demokratisch kontrolliert werden. Auch der Bund Naturschutz hat die Ortsumgehung von Mühlhausen befürwortet, aber sowohl wir als auch sehr viele Bürger waren entsetzt über die Rücksichtslosigkeit, mit der die Umsetzung passierte.
 
Wer eine solche Planung gut heißt, nimmt in Kauf, dass der Versuch, die Flächenversiegelung in den Griff zu bekommen, zu einer weitgehenden Lahmlegung kommunaler und staatlicher Planung führen wird. Nur wenn der Bürger sieht, dass sich die verantwortlichen staatlichen Organe verantwortungsvoll bei der Umsetzung der Planung verhalten, wird er weiteren Projekten gegenüber offen bleiben.
 
Sie erwähnen die Einmündung des Kurt-Romstöck-Rings beim Autohaus Kölbl. Sie ist immer noch nicht fertig und bis vor kurzem war auch nicht erkennbar, was sich die Planer dabei gedacht haben. Damit einher geht natürlich, dass seit nunmehr vielen Monaten die OBI-Kreuzung teilweise gesperrt ist. Dadurch wird Woffenbach verstärkt belastet. Warum konnte diese Maßnahme nicht im Herbst 2019 qualifiziert beendet werden?
 
Die kombinierte Fußgänger- und Fahrradbrücke in Pölling soll bald in Angriff genommen werden. Damit werden diese Verkehrsteilnehmer zusammen mit den Rollstuhlfahrern und Menschen, die auf Gehhilfen angewiesen sind, schlichtweg zu Menschen zweiter Klasse abgestempelt! Es ist schlichtweg ungehörig und menschenverachtend, denen eine sechs Meter hohe Brücke – mehr als zwei Stockwerke – zuzumuten. Anstatt die Ortsteile – hier Pölling – besser an das Zentrum heranzuführen, wird es für viele unerreichbar werden. Dabei wäre eine Anbindung problemlos ebenerdig möglich. Welche Einkaufmöglichkeiten gibt es noch in Pölling? Muss dann alles per PKW besorgt werden? Mit Nachhaltigkeit hat das aus unserer Sicht nichts mehr zu tun.
 
Sie schreiben von einer Beschleunigung auf dem Ring, um den Durchgangsverkehr zu verringern! Ich habe in den letzten zwei Jahren eine Reihe von Gesprächen mit Stadträten der verschiedenen Fraktionen geführt und von deren Seite kam einhellig die Aussage, dass der Durchgangsverkehr inzwischen den Ring voll angenommen hätte. Oder sollte damit nur kaschiert werden, dass es der Stadt nicht gelinge, von der Amberger Straße bis zum Kurt-Romstöck-Ring eine Grüne Welle einzurichten?
 
Wie alt sind die Zählungen der „über 25000 Fahrzeuge pro Tag“? Und wie viel Prozent sind wirklich noch Durchgangsverkehr?
 
Nach allen bisher gehörten Aussagen ist der Ring in seiner jetzigen Form nicht überlastet und da ich ihn freizeitbedingt selbst öfters an den geplanten Brückenstellen überquere, muss ich feststellen, dass von einer starken Belastung nicht die Rede sein kann. Jedenfalls spricht nichts für einen derart Geld verschlingenden Ausbau.
 
Und eine weitere Beschleunigung des Rings verbietet sich allein schon aus Rücksicht auf die Anwohner von Stauf und Woffenbach und das gilt in der Zukunft auch für Pölling und Holzheim. Neue Wohngebiete in den Ortsteilen Stauf und Woffenbach sind in der Nähe der Umgehung in Planung, da kann nicht gleichzeitig ein massiver Ausbau diskutiert werden.
 
Insgesamt bleibt festzustellen, dass die jetzige Planung nicht ausreichend durchdacht ist und es daher am sinnvollsten wäre, angesichts der Corona-Pandemie das hier verplante Geld dort einzusetzen, wo es kurzfristig dringend gebraucht wird und das Vorhaben „Ausbau der B299“ mit einem fünfjährigen Moratorium, einem Denkaufschub zu belegen.
 
Fazit: Auch wenn Sie für einen Stopp morgen Prügel bekommen sollten, spätestens ab übermorgen wird Ihre Weitsicht gelobt werden.
 
Wir bitten Sie um zeitnahe Beantwortung der im Brief gestellten Fragen.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
(Alfons Greiner)
 
Ortsgruppe Neumarkt
 
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