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Auf Schusters Rappen: Drei Gesellen auf der Walz

11.02.2016 Neumarkt, Regensburg.

 
Über Regensburg ins Allgäu: Drei Wandergesellen machten Halt in Regensburg und erwiesen der handwerksnahen Innungskrankenkasse IKK classic die Ehre und sprachen mit IKK-Regionalgeschäftsführer Josef S. Mirbeth über die Erfahrungen ihrer „Tippelei“.
 
Heute hier, morgen dort – schon seit Jahrhunderten gehen junge Handwerker und Handwerkerinnen auf Wanderschaft, auch „Tippelei“ genannt. Leicht erkennbar sind sie an der charakteristischen Kluft: Hose mit weitem Schlag, Weste, Jackett, dazu Hut und Wanderstock. In dieser Woche machten drei junge Gesellen* aus Nordhrein-Westfalen, Niedersachsen und Thüringen Station in Regensburg und erwiesen der IKK classic die Ehre und gaben Einblicke in eine Welt voller Geheimregeln. 
 
„Die Gesellen müssen unverheiratet sein, ledig, unter 30 und im Besitz des Gesellenbriefes“, erklärte Uwe, der gebürtige Niedersachse.  "Und mit der Bahn fahren sollen wir auch nicht", fügt er schmunzelnd dazu. Die meisten „tippeln“ zu Fuß oder per Anhalter. „Doch die Menschen werden immer weniger, die uns auf der Straße eine kleine Strecke mitnehmen“, weiß er zu berichten. Die Handwerksgesellen, die auf die Walz gehen, dürfen drei Jahre und einen Tag nicht näher als 50 km an ihren Heimatort herankommen. Der Geselle trägt normalerweise einen Ohrring. Früher war der aus Gold, um von dem Erlös im Falle eines Falles ein ordentliches Begräbnis bezahlen zu können. „Verhielt sich ein Geselle unzünftig, beging er zum Beispiel einen Diebstahl, so wurde ihm der Ohrring aus dem Ohrläppchen gerissen. Daher kommt der Begriff „Schlitzohr", erklärten die Abenteurer.
 
In Zeiten von GPS, Whatsapp und Hochgeschwindigkeitszügen ist es nicht einfach, ein Leben nach jahrhundertealten Regeln zu führen. Doch wer sich auf die drei Jahre Wanderschaft einlässt, dem winken unvergessliche Erfahrungen. „Meine Erlebnisse sind vom ersten Tag an notiert. Unsere Kluft macht neugierig. Es erleichtert den Gesprächseinstieg. So konnte ich viele interessante Menschen kennenlernen“, meinte der Geselle Fredo aus Thüringen. Sein Wanderbuch trägt er immer an der Brust, unter Weste und Jackett: „Unersetzbar, alles andere kann ich mir kaufen. Es ist mein Heiligtum. Ich schlafe auch darauf.“ Das Büchlein enthält zig Fotos, handschriftliche Einträge und Stempel von Städten. Sie waren das vergangene Jahr unterwegs kreuz und quer durch Deutschland. Und nun geht’s weiter in Richtung Allgäu.
 
„Was bringt einen jungen Mann dazu, auf die Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts zu verzichten und stattdessen einer angestaubten Tradition zu folgen“,  will IKK-Regionalgeschäftsführer Josef S. Mirbeth wissen. Der Westfale Sven muss nicht lange überlegen: „Es ist eine schöne Sache. Du stehst morgens auf und gehst dorthin, wo du hinwillst. Du bist frei.“ Er wirkt, als sei er in Gedanken an einem ganz anderen Ort. Dann lächelt er das zufriedene Lächeln eines Menschen, der genau das tut, was er tun will. „Du bist frei – und das ist das Wichtigste.“ „Wir freuen uns immer, wenn die Wandergesellen uns besuchen und um eine kleine Wegzehrung bitten" meint Josef S. Mirbeth und wünscht den Dreien wie es der Brauch vorschreibt eine "fixe Tippelei".
 
Foto: ikk Classic
 
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