Der Tod braucht Würde – Expert*innen diskutieren Sorgekultur und Verantwortung
11.12.2024 Nürnberg.
19. Fachtag Demenz und Sterben beschäftigte sich mit dem Lebensende – Rummelsberger Hospizverein Mitveranstalter
„Der medizinische Kampf gegen den Tod erfordert Einspruch und Widerspruch“, zitiert Stefan Meyer, Leiter der Hospizakademie Nürnberg, zur Begrüßung im Haus Eckstein. Am 29. November fand dort der Fachtag Demenz und Sterben statt. Die Rummelsberger Diakonie veranstaltete in Kooperation mit der Akademie für Hospizarbeit und Palliativmedizin, Diakoneo, dem Klinikum Nürnberg und der Angehörigen- und Demenzberatung das Fachforum zum 19. Mal.
Die Medizin habe verlernt würdevoll mit dem Tod umzugehen, sagt Meyer weiter. „Jeder Mensch will in Ruhe sterben – das kann und will die moderne Medizin nicht mehr leisten, ist mein Eindruck.“ Im Spannungsfeld zwischen Personalengpässen und Rentabilität der Kliniken bleibe die Würde und Menschlichkeit am Lebensende häufig auf der Strecke.
Familien tragen Sorge-Last
Auf der Veranstaltung drehte sich alles um die Sorgekultur unserer Gesellschaft. Wer kümmert sich um ältere und sterbende Menschen? „Das sind in erster Linie immer noch die Familien“, sagt Prof. Dr. Andreas Heller. Der Experte für Palliative Care weiß, häufig sind Familienmitglieder über das ganze Land – oder die ganze Welt verstreut. Wer kümmert sich dann? „Gutes Sterben ist ein kommunales Thema“, sagt er. In den vergangenen Jahrzehnten trugen die Last vor allem Ehefrauen, Töchter, Schwiegertöchter und Pflegekräfte. Statt auf gesellschaftlicher und politischer Ebene Lösungen zu finden, wurde das Thema in den privaten Raum verlagert. „Frauen haben ein Recht auf ein eigenes Leben und gesundes Arbeiten“, so Heller.
Es braucht andere, neue Lösungen. Darüber diskutierten die etwa 80 angemeldeten Fachkräfte aus Pflege, Diakonie und Hospizarbeit in verschiedenen Arbeitsgruppen. Sie informierten sich zu stationären Angeboten in der Altenhilfe, zum Beispiel bei der Rummelsberger Diakonie. Aber auch ambulante Versorgung, kommunale Strukturen und die kultursensible Begleitung waren Themen der Workshops.
Ein Drittel der Pflegekräfte kurz vor der Rente
Doch die Zeit für neue Lösungen drängt. Ein Drittel aller Pflegekräfte gehört zur Generation der Babyboomer und geht in den nächsten Jahren in Rente, so der Experte. „Das ist eines der größten Versäumnisse der Sozialwirtschaft. Wir haben das kommen sehen“, findet er deutliche Worte. Es müsse sich etwas verändern – auch in der Art, wie wir mit den letzten Lebensjahren umgehen und über sie sprechen. Sein Ratschlag: „Ab dem 75. Geburtstag sollten wir ernsthaft über unser Lebensende reden“, sagt Heller. „Wie wollen wir leben? Wie löst die Familie die Situation im Ernstfall?“
Der Hospizverein Rummelsberg und andere Hospizdienste bieten in regelmäßigen Abständen Kurse zur „Ehrenamtliche Hospizbegleitung“ an. Dort lassen sich Interessierte zu Sterbebegleiter*innen ausbilden. Der Kurs startet wieder im Januar 2025. Weitere Informationen finden Sie hier: