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Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP) „grob fehlerhaft und nicht akzeptabel“

28.10.2016 Berg.

Harsche Kritik am Entwurf der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP-E) übte Bürgermeister Helmut Himmler bei der letzten Sitzung des Berger Gemeinderates. Konkret ging es um das Anhörungsverfahren zum Entwurf vom 12.07.2016.  Im Rahmen der Beteiligung hatte die Gemeinde Berg nun die Möglichkeit, zu den geänderten Festlegungen gemäß LEP-E einschließlich des Umweltberichtes bis zum 15.11.2016 gegenüber dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat Stellung zu nehmen. 
 
Der Bürgermeister gab einen Überblick zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP) - welches am 01.09.2013 in Kraft getreten ist - und teilt mit, dass die LEP-Teilfortschreibung einen Beitrag zur Schaffung und Erhaltung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Teilräumen Bayerns leisten soll.  
 
Seit 2014 wird dieses LEP in einigen Themenbereichen überarbeitet:
 
Weiterentwicklung des Zentrale-Orte-Systems (ZOS)
 
Das ZOS soll eine flächendeckende, wohnortnahe Daseinsvorsorge für ganz Bayern sichern. Im LEP sollen nunmehr neben Ober- und Mittelzentren auch drei Metropolen festgelegt werden (München, Augsburg und Nürnberg/Fürth/Erlangen/Schwabach).  Im Landkreis Neumarkt sollen die Städte Berching und Freystadt zu einem gemeinsamen Mittelzentrum aufgestuft werden. Die Stadt Parsberg ist bereits Mittelzentrum, Neumarkt bereits Oberzentrum.
 
Weitere Lockerung des Anbinde-Gebots 
 
Bevölkerungsverträglicher Ausbau von Höchstspannungsfreileitungen durch Abstandsregelungen im LEP
 
Erweiterung des Raums mit besonderem Handlungsbedarf (RmbH)
 
Das Konzept der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern LEP sei nach Bewertung Himmlers  aus Sicht bzw. der Interessenlage der Gemeinde Berg  hinsichtlich der bestehenden und beabsichtigten Veränderung der Gebietskulisse „Raum mit besonderem Handlungsbedarf“ (RmbH) grob fehlerhaft und nicht akzeptabel.  
 
Trotz mancher Neuaufnahmen von Landkreisen und Gemeinden in Bayern in diese Gebietskulisse sei wiederum keine einzige Gemeinde aus dem Landkreis Neumarkt aufgenommen worden. Das könne  man keinesfalls fatalistisch hinnehmen, da die Aufnahme in den „Raum mit besonderem Handlungsbedarf“ erhebliche Auswirkungen auf die Finanzen der Kommunen und damit der Bürgerinnen und Bürger hat. Die längerfristige Bedeutung der Gebietskulisse für künftige Förderprogramme sei heute in ihrer Tragweite noch gar nicht absehbar. 
 
Die Region Neumarkt liege hinsichtlich des Einkommens, der Steuer- und Umlagekraft, der Kaufkraft, des Rentenniveaus, des Bruttoinlandprodukts je Einwohner usw. trotz eines guten Aufholprozesses in den vergangenen Jahrzehnten nach wie vor teils deutlich unter dem Landesdurchschnitt und müsse daher zwingend zum „Raum mit besonderem Handlungsbedarf“ mit der Folge guter Fördermöglichkeiten gehören, denn da gehe es um richtig viel Geld.  
 
Der Landkreis Neumarkt habe in den letzten Jahrzehnten  hinsichtlich Kaufkraft, Rentenniveau, Arbeitsplätze usw. respektabel aufgeholt, dennoch sei noch immer Nachholbedarf im Vergleich zu vielen anderen Regionen in Bayern gegeben.  
 
Ein ähnliches Bild ergebe sich bei der Steuerkraft als Indikator für die Leistungsfähigkeit einer Region. Der Landkreis Neumarkt hatte zuletzt eine Steuerkraft von 843 Euro je Einwohner und liegt damit deutlich unter dem Landesdurchschnitt Bayern in Höhe von 943 Euro je Einwohner. Auch bei der sog. Umlagekraft liegt Neumarkt mit 957 Euro je Einwohner unter dem Bayerndurchschnitt von 1.066 Euro je Einwohner(Daten Kreishaushalt 2016). Zudem ist der Landkreis Neumarkt mit 129.000 Einwohnern und 96 Einwohnern pro Quadratkilometer einer der am dünnsten besiedelten Landkreise in Bayern. Der Landesdurchschnitt Bayern lag  nach den letzten verfügbaren Daten  bei 179 Einwohnern je Quadratkilometer.
 
Die damit verbundenen hohen Infrastrukturkosten in einem  Flächenlandkreis mit relativ geringer Bevölkerungsdichte erfordern hohe Kosten für Straßen, Leitungsbau, ÖPNV usw. Das sei bei der Festlegung des RmbH angemessen zu gewichten. 
 
Im Entwurf der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern werden aus den Nachbarlandkreisen Nürnberger Land und Regensburg 14 Gemeinden in die Gebietskulisse RmbH neu aufgenommen - aus dem Landkreis Neumarkt keine einzige. 
 
Die weitere Hinzunahme von Landkreisen und Gemeinden als Raum mit besonderem Handlungsbedarf führt dazu, dass der Landkreis Neumarkt und damit die Gemeinde Berg nun geradezu von Gebieten mit besonderem Handlungsbedarf umgeben sind.  
 
Die Landkreise, die bereits im LEP  als RmbH festgelegt sind, sollen darüber hinaus sogar Bestandsschutz erhalten und das sei mehr als kurios. Insgesamt soll der „Raum mit besonderem Handlungsbedarf“ bayernweit  33 Landkreise (einschließlich 9 kreisfreier Städte) und 150 Gemeinden außerhalb dieser Kreise umfassen. Konkret bedeutet die Zuordnung zum RmbH bessere Förderkonditionen für verschiedene staatliche Förderprogramme. Dies  führt in vielen  Bereichen letztlich zu einem  zu einem Fördergefälle zum Nachteil des Landkreises Neumarkt und damit der 19 Kommunen – also unabdingbar  zu Wettbewerbsverzerrungen.
 
Der Landkreis Neumarkt sei nach den Ausführungen des Berger Bürgermeisters nicht dem Raum mit besonderen Handlungsbedarf zugeordnet worden, weil die Gewichtung von Arbeitslosenquote und Beschäftigtendichte fachlich falsch bewertet und gewichtet worden sei.. 
 
Die im Landkreis Neumarkt günstige Arbeitslosenquote wird mit 30 % gewichtet. Die Beschäftigtendichte – das sind im Konkreten die Arbeitsplätze Im Landkreis -  wurde demgegenüber nur mit 10 % gewichtet. Für die sachgerechte Beurteilung der Arbeitsmarktlage  einer Region sei die Zahl der vor Ort vorhandenen Arbeitsplätze aber zweifellos wesentlich wichtiger als die Arbeitslosenquote. Im Landkreis Neumarkt pendeln im Saldo immer noch rund 7.000 Beschäftigte vor allem in die Nachbarregionen Nürnberg, Regensburg und Ingolstadt aus.  Rund 13.000 Auspendlern aus dem Landkreis  stehen ca. 6.000 Einpendler in den Landkreis Neumarkt gegenüber. Deshalb brauche man für die Schaffung weiterer Arbeitsplätze vor Ort weiter Unterstützung durch staatliche Förderung.
 
Nicht hinnehmbar sei auch die derzeitige Regelung, dass alle Städte, Märkte, Gemeinden und Landkreise in der Gebietskulisse RmbH dauerhaft dort bleiben sollen und Bestandsschutz erhalten. Das – so Himmler – sei absurd, denn selbst Kommunen mit außerordentlich famoser Entwicklung würden dauerhaft „Raum mit besonderem Handlungsbedarf“ bleiben, obwohl sie die besonderen Förderung nicht mehr benötigen. Objektiv unterstützungswürdigen Landkreisen und Gemeinden wäre der Zugang zum RmbH oftmals mit der Begründung verweht, es seien bereits sehr viele Kommunen Bayerns in diesem besonderen Fördergebiet.
 
Staatssekretär Albert Füracker habe im Heimatministerium noch einiges zu tun, um die eklatante und kuriose Benachteiligung Neumarkts gegenüber anderen Regionen zu korrigieren und das müsse man vom Neumarkter Vertreter in der Staatsregierung auch erwarten. Die Festlegung des LEP sei nicht nur hinsichtlich des RmbH ein Werk der Beliebigkeit. Daher sei das LEP auf der Basis einer objektiven, wissenschaftlichen Begutachtung zu entwickeln und nicht auf der Basis von „aus der Hüfte geschossenen Schein-Kriterien“ des Ministeriums. 
 
Der Gemeinderat der Gemeinde Berg beantragt daher durch einstimmigen Beschluss des Gremiums– wie bereits der Landkreis durch Beschluss des Kreisausschusses -   im Rahmen der jetzigen Teilfortschreibung des LEP die Änderung der bisherigen Gewichtung der Indikatoren Arbeitslosenquote ( Faktor 30) und Beschäftigtendichte (Faktor 10) zur neuen Gewichtung Arbeitslosenquote (10) und Beschäftigtendichte (30). Zudem soll als weiterer Indikator die Steuer- und Umlagekraft Berücksichtigung finden. Bei diesen Änderungen wäre der Landkreis Neumarkt in der künftigen Förderkulisse mit all den damit verbundenen Vorteilen enthalten. Außerdem soll die Gebietskulisse ständig den tatsächlichen Entwicklungen angepasst und demzufolge dürfe es  in der Konsequenz dieses Vorschlags keinen Bestandsschutz geben. Eine Evaluation – mithin also eine Überprüfung der Gebietskulisse RmbH – im Abstand von zwei Jahren wäre zwingend geboten im Sinne rationaler und nachvollziehbarer Entscheidungsprozesse.
 

 

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