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BUND Naturschutz Kreisgruppe zieht gemischte Bilanz zum Volksbegehren Artenvielfalt

05.08.2020 Neumarkt.

Insektenvielfalt in Bayern noch längst nicht gerettet. BUND Naturschutz fordert noch mehr Schub für funktionierenden Biotopverbund, mehr Bio in Bayern und weniger Pestizideinsatz. Leider erfährt der Lebensraum Grünland weiterhin nicht die Aufmerksamkeit, die hier dringend nötig wäre.
 
Am 01. August 2020 jährte sich die Aufnahme zahlreicher neuer Verpflichtungen in das Bayerische Naturschutzgesetz durch das Volksbegehren Artenvielfalt. Auch im Landkreis Neumarkt hatten vor einem Jahr 18% der Bevölkerung dafür gestimmt -  mit hohen Zustimmungswerten sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Was ist seitdem im Landkreis für die Artenvielfalt passiert? Die BUND Naturschutz Kreisgruppe Neumarkt zieht regional Bilanz.
 
„Trotz einer insgesamt schleppenden Umsetzung sind wir nicht unzufrieden, denn durch das Volksbegehren haben die Themen Artenvielfalt und Insektensterben im ganzen Landkreis viel mehr Aufmerksamkeit bekommen und auch bei uns im Landkreis hat sich etwas getan,“ bilanziert Josef Guttenberger, der Neumarkter Kreisvorsitzende. Kommunen, Landwirte und VerbraucherInnen – viele haben im letzten Jahr, angestoßen durch das Volksbegehren, etwas zum Schutz der Insekten und der Artenvielfalt beigetragen. Die vielen neuen Blühflächen im Landkreis zeigen, dass den Landwirten an der Artenvielfalt gelegen ist. Die Blühflächen sind aber zu einseitig auf die Bestäuber ausgerichtet, also Bienen, Hummeln, Schwebfliegen usw. Diese leben aber oft nicht auf den Flächen, sondern kommen nur zum Honig sammeln. Viele andere Arten, deren Lebensraum das Grünland ist, wie Spinnen, Heuschrecken oder Wanzen, um nur eine kleine Auswahl zu treffen, brauchen mehrjährige stabile Verhältnisse, um sich fortpflanzen zu können. Dies ist nur im extensiv genutzten Grünland möglich, so Guttenberger.
 
Es gibt gute Ansätze und manches kann noch weiterentwickelt werden. Einige Gemeinden wie Postbauer-Heng oder Neumarkt lassen Blühflächen auf ihren Grünanlagen zu und geben ein positives Beispiel.
 
Andererseits könnten in den meisten Gewerbe- und Industriegebieten die nicht bebauten Grünflächen für die Artenvielfalt genutzt werden, ergänzt Alfons Greiner vom Kreisvorstand. Eine blühende Wiese statt einer kurzgeschorenen Grünanlage bietet dem Auge ein gefälligeres Bild und vielen Tieren einen Lebensraum.
 
Es freut uns, dass die OGVs im Landkreis bemüht sind, über Gartenwettbewerbe die Vielfalt in den Hausgärten anzustoßen. Dennoch bleiben viele Privatgärten nur „Lebensraum“ für Rasenmäher und Kantentrimmer, wie Alfons Greiner resigniert feststellt.
 
Positiv gesehen wird die Arbeit des Landschaftspflegeverbands. Er hat schon viele Maßnahmen angestoßen und die Vernetzung von Lebensräumen zielgerichtet umgesetzt. Die Erfolge können sich sehen lassen, die Flächen blühen richtig auf.
 
Auf der anderen Seite werden immer noch bestehende und intakte Lebensräume zerrissen, getrennt, zerstört, wie z.B. durch die geplante Ortsumgehung Seubersdorf, die niemand braucht, aber einen artenreichen Lebensraum zerstört.
 
Neuland ist sicher noch die Lichtverschmutzung, deren Ausmaß kaum zur Kenntnis genommen wird. Hier wäre eine deutliche Reduzierung der Beleuchtung in der Nacht überfällig.
 
Im Landkreis werden derzeit 10,4% der Acker-Fläche nach Kriterien des Ökolandbaus bewirtschaftet mit steigender Tendenz. Dennoch sind wir noch weit von den Zielen des Volksbegehrens entfernt. Mit der Landwirtschaft ist der BN in gutem Kontakt und arbeitet schon seit langem in Naturschutzprojekten mit Landwirten zusammen. Guttenberger ergänzt: „Aufgeschlossene Landwirte haben artenreiche Wiesen angelegt, aber wir sind uns einig, dass für eine echte Trendwende eine Ökologisierung der EU-Agrarförderungen das Entscheidende ist.“
 
Beim Wiesenumbruch sehen wir noch zu viele Ausnahmen. Auch neuen Naturwald würden wir im Landkreis sehr begrüßen. Bei den Gewässerrandstreifen kritisiert der BN vor allem die unzureichenden Vorgaben und das Tricksen bei den Vorgaben durch die Ministerien und das immer noch verbreitete Unverständnis des Bauernverbandes: Guttenberger: „Anstatt sofort überall auf der Minimalbreite von 5 m auf Ackernutzung am Gewässer zu verzichten und diese Fläche für den Biotopverbund und Gewässerentwicklung zu nutzen, haben wir ein Jahr nach Inkrafttreten der Regelung noch viel zu viele Ausnahmen und ungeklärte Fälle. Obwohl es absolut unstrittig ist, dass nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Gewässerqualität stark davon profitiert.“
 
„Neben der schleppenden Umsetzung und leider auch der Blockade einiger staatlicher Verpflichtungen müssen wir bilanzieren, dass in der Gesamt-Politik im Landkreis noch keine Trendwende zugunsten der Artenvielfalt erfolgt ist: Nach wie vor bedrohen nicht notwendige Straßenbaumaßnahmen wertvolle Lebensräume und nach wie vor ist der Flächenverbrauch sehr hoch“ kritisiert Alfons Greiner.
 
Die zentralen Forderungen des BN sind daher „Wir brauchen noch mehr Schub für einen großflächigen funktionierenden Biotopverbund, mehr Bio in allen Kantinen und allen Veranstaltungen, weniger Pestizideinsatz, mehr Naturwälder, renaturierte Feuchtflächen und weniger Flächenverbrauch und Verzicht auf Naturzerstörung.
 
An Landrat Willibald Gailler und MdL Albert Füracker richtet der BN-Vorstand die Forderung, sich auf überregionaler Ebene für die nötige dauerhafte Finanzierung der Artenschutz-Instrumente und -Berater, für eine Änderung der Agrarpolitik, für ein verbindliches Flächensparziel und eine wirksame Klimaschutzpolitik einzusetzen, um wirklich eine Trendwende beim Schutz der Biodiversität zu erreichen.
 
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