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NGG kritisiert unhaltbare Zustände an heimischen Autobahn-Raststätten

28.11.2016 Nürnberg.

Draußen 130 km/h – die Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen. Drinnen alles auf 180 –Turbo-Tempo in der Küche und beim Service. Die Rede ist von heimischen Autobahn-Raststätten. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Nürnberg-Fürth berichtet jetzt von unhaltbaren Arbeitsbedingungen an Rasthöfen in der Region. Im Fokus steht die Betreiberfirma Tank & Rast. Das Unternehmen übe seit Neuem einen enormen Druck auf die Beschäftigten aus – etwa an den Standorten Steigerwald und Ohrenbach. „Hier müssen sich die Mitarbeiter nach jedem Lebensmittel-Kontakt über 30 Sekunden die Hände waschen, trocknen und desinfizieren, während schon die nächsten Kunden an der Kasse warten“, berichtet Gewerkschafterin Regina Schleser. Wer die Vorgaben nicht schaffe, müsse mit Abmahnungen oder sogar mit der Kündigung rechnen.

Hintergrund ist eine TV-Recherche des „Teams Wallraff“, das bundesweit Missstände bei Tank & Rast aufgedeckt hatte. Die Firma betreibt fast alle Raststätten an deutschen Autobahnen – ein Großteil davon wird von privaten Pächtern geführt. Als Reaktion auf die Berichte hatte die Firma insbesondere den Eigenbetrieben per Dienstanweisung neue Vorgaben gemacht, erklärt Schleser. Danach sollen Hygiene und Qualität verbessert werden – „jedoch ausschließlich zulasten der Beschäftigten“, wie die NGG bemängelt.

„Natürlich ist es gut, wenn Tank & Rast auf mehr Qualität setzt. Es kann aber nicht sein, dass in den Betrieben jetzt ein Klima der Angst verbreitet wird“, sagt Schleser. Die Beschäftigten verdienten kaum mehr als den gesetzlichen Mindestlohn und müssten nun „auch noch für Management-Fehler büßen“. Das Unternehmen ist trotz seiner Monopol-Stellung in finanziellen Schwierigkeiten und laut Presseberichten mit 2,1 Milliarden Euro verschuldet. Seit der Privatisierung der Rasthöfe im Jahr 1998 waren immer neue Firmen bei Tank & Rast eingestiegen und hatten Rückstände auf den Raststätten-Betreiber abgewälzt.

„An den Zuständen zeigt sich, dass die Privatisierung ein großer Fehler war“, ist die NGG Nürnberg-Fürth überzeugt. Denn wegen ihres öffentlichen Versorgungsauftrags schieße der Staat laufend Geld zu. So könne Tank & Rast faktisch nicht pleitegehen. „Die Zeche zahlen letztlich die Autofahrer, die für jeden Toilettengang zur Kasse gebeten werden.“

Die Gewerkschaft fordert das Unternehmen nun auf, die Einschüchterungen gegen die Mitarbeiter zurückzunehmen. Der beste Weg zu mehr Service und Qualität sei es, mehr Personal einzustellen, betont Schleser. Tank & Rast tue sich jedoch schwer, überhaupt noch Mitarbeiter zu finden – „weil die Firma trotz gepfefferter Preise bei Benzin, Diesel und Kaffee nur Niedriglöhne zahlt“.

Und auch die Politik solle aus der Privatisierung lernen – und den Fehler im Blick auf die aktuelle Debatte um die Zukunft der Autobahnen nicht wiederholen.

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