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FREIE WÄHLER fordern Aus für Straßenausbaubeiträge in Bayern

11.11.2017 Neumarkt / München.

Die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion fordert die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Bayern. Das erklärten Fraktionschef Hubert Aiwanger, sein Fraktionskollege Bernhard Pohl sowie der Landrat des Landkreises Nürnberg-Land, Armin Kroder, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Bayerischen Landtag. Aiwanger: „Der Ärger, den diese Beiträge auslösen, ist deutlich größer als der Nutzen. Das System ist ungerecht, streitanfällig und verursacht in den Kommunen erheblichen Verwaltungsaufwand sowie politischen Ärger. Abschaffen – wie in Baden-Württemberg, Berlin oder München – ist die konsequente Lösung.“
 
In der Summe gehe es nur um gut 60 Millionen Euro jährlich, die bisher von Anwohnern für den Straßenausbau eingesammelt würden – der einzelne Anwohner könne aber schnell mal mit 10.000 Euro und mehr zur Kasse gebeten werden, moniert Aiwanger. Viele Menschen fürchteten, bald selbst von der Zwangsabgabe betroffen zu sein. Als Beispiel nannte Aiwanger Senioren, deren Ersparnisse meist keine hohen Anschaffungen mehr zuließen. „Wer nicht mehr erwerbstätig ist, bekommt keinen Kredit. Da helfen auch die geltenden Stundungsmodelle nicht“, so der Fraktionsvorsitzende.
 
Der finanzpolitische Fraktionssprecher Bernhard Pohl gibt zu bedenken: „Alle Straßen sind Bestandteil der Daseinsvorsorge und müssen somit von der Allgemeinheit finanziert werden. Das muss auch für Anliegerstraßen gelten. Die Finanzierungslast den Anliegern aufzubürden führt zu massiven Ungerechtigkeiten. Wer zur Altersversorgung ein Haus gerade abbezahlt hat, bekommt als Rentner neue Schulden aufgebrummt.“
 
Zahlungspflichtige Bürger empfänden die Forderungen als ungerecht, Bürgermeister kämen in Erklärungsnot und viele Fälle beschäftigten teils über Jahre die Gerichte. „Es wurde hier eine Situation geschaffen, bei der es nur Verlierer gibt. Viele Mitarbeiter der Verwaltungen sind wesentlich mit der mühsamen Berechnung und Abwicklung der Straßenausbaubeiträge belastet“, so Landrat Armin Kroder (FREIE WÄHLER). Würde die umstrittene Abgabe abgeschafft, führte dies somit auch zu erheblicher Ersparnis in der Verwaltung und zum Abbau von Bürokratie.
 
Zugespitzt hat sich die Problematik durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts München vom November 2016 im Fall der oberbayerischen Gemeinde Hohenbrunn, die gegen ihren Willen zur Erhebung der Beiträge gezwungen wurde. Jetzt steigt der Druck des bayerischen Innenministeriums auf alle Kommunen Bayerns, Satzungen einzuführen und anzuwenden.
 
Aiwanger: „Vater Staat darf seine Kinder, die Kommunen, nicht weiter bei den Bürgern zum Betteln schicken, sondern muss ihnen selbst genügend Geld geben. Das ist bei 60 Millionen Euro angesichts eines Gesamthaushalts von 60 Milliarden ein Promille. Geradezu grotesk, dass man hier nicht endlich reinen Tisch macht.“
 
Besonders fatal sieht Aiwanger die „Erpressung finanzschwacher Kommunen und ihrer Bürger“ in dem Fall, dass sie Stabilisierungshilfen des Staates erhalten: Dann müssen sie nämlich Straßenausbaubeitragssatzungen einführen und anwenden, während sich finanzstärkere Kommunen – wenngleich möglicherweise nicht mehr lange – noch um diese brisante Angelegenheit herumwinden können. „Selbst die Münchner und Bürger vieler anderer Städte können sich auf Dauer nicht sicher sein, dass sie von den Beiträgen verschont bleiben“, warnt Aiwanger.
 
Aiwanger weist auch darauf hin, dass diese Vorgehensweise zum Verfall der Straßen führt: „Die Gemeinden erlassen aufgrund des Drucks von oben zwar Satzungen, reparieren ihre Straßen aber nicht mehr, um die Satzungen nicht gegen ihre Bürger anwenden zu müssen. Die Landespolitik liefert die Bürgermeister ans offene Messer – es  wurden schon Bürgermeister abgewählt, weil sie Beitragsbescheide in fünfstelliger Höhe an die Bürger geschickt hatten.“
 
Aiwanger kündigte einen neuen Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge an. „Wir vertreten die Interessen der Bürger und Kommunen. Sollte sich die Staatsregierung hier weiter unnachgiebig zeigen, steht ein neues Volksbegehren der FREIEN WÄHLER im Raum.“

Auszug aus der Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 29.06.2015 zur Anhörung des Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport des Bayerischen Landtags zu Art. 5 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) am 15. Juli 2015, bei der von gut 60 Millionen Euro jährlichen Einnahmen der Gemeinden auf Straßenausbaubeiträge gesprochen wird:
 
„Der tatsächliche Finanzierungsbedarf der bayerischen Kommunen dürfte in Anbetracht des Alters und des Zustandes der Straßen um ein Vielfaches höher sein. Nach Schätzungen dürfte der Gesamtfinanzierungsbedarf für Ortsstraßen bei rund 200 bis 300 Mio. €/Jahr liegen. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass diese Summen aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen gemeindlichen Eigenbeteiligung bei Ausbaumaßnahmen (Art. 5 Abs. 3 KAG) nicht vollständig, sondern nur anteilig über Straßenausbaubeiträge auf die Grundstückseigentümer umgelegt werden könnte. Der über Beiträge umlegungsfähige Gesamtfinanzierungsbedarf beläuft sich schätzungsweise auf über 100 Mio. €/Jahr.“

 

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