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Suchtberatung: Wenn aus dem Feierabendbier zwei oder drei werden

02.11.2021 Neumarkt.

Während der Pandemie nahmen psychische Krankheiten und Abhängigkeitserkrankungen zu und die Wartezeiten bei Therapeuten und Psychiatern sind häufig sehr lang. „Wir haben eine konstant hohe Anzahl an Beratungsanfragen. Aktuell erhalten Klientinnen und Klienten meist innerhalb von zwei bis vier Wochen einen Termin für ein Erstgespräch“, sagt Nadine Braun von der Suchtberatung. „Durch die Kontaktbeschränkungen, Kurzarbeit, wirtschaftliche Sorgen und familiäre Herausforderungen durch engen Wohnraum oder Kinderbetreuung kam es zu einer deutlichen Häufung von Belastungsfaktoren. Dies kann die Entstehung von psychischen und Abhängigkeitserkrankungen begünstigen oder bestehende Erkrankungen verstärken“, so Braun weiter. Durch Corona fielen viele Möglichkeiten, vorhandene Ressourcen und Ausgleichsmöglichkeiten zu nutzen weg, weshalb Probleme teils mit Alkohol oder Drogenkonsum „behandelt“ wurden. Studien zeigen, dass die Tendenz, zuhause Alkohol zu konsumieren bei einem Drittel in der Bevölkerung angestiegen ist, d.h. aus einem Feierabendbier wurden zwei oder drei. Wer allerdings regelmäßig größere Mengen Alkohol konsumiert, läuft Gefahr, an einer Abhängigkeit zu erkranken. „Ein risikoarmer Konsum liegt bei Männern bei ca. 0,5 l Bier, maximal an fünf Tagen in der Woche und bei Frauen bei ca.0,25 l Bier an maximal fünf Tagen pro Woche“, erklärt Braun.“ Eine Abhängigkeit entwickelt sich schleichend. Der Körper toleriert immer mehr Alkohol, dadurch benötigt man eine immer größere Menge, um die gewünschte Wirkung zu erreichen. Unsere Gesellschaft sei zu wenig über schädliche Mengen bzw. den risikoarmen Konsum von Alkohol aufgeklärt. Das Konsumieren großer Mengen werde oft verharmlost und gelte „als normal“, zugleich würden Abhängige an den Rand gestellt und ausgegrenzt. Darum sei Aufklärung über dieses Thema so wichtig.

Neben Betroffenen nehmen auch viele Angehörige, beispielsweise Partnerinnen, Partner oder Eltern, das Angebot der Suchtberatung an. „Angehörige leiden oft sehr unter ihrer Situation und laufen Gefahr, selbst psychisch zu erkranken“, erläutert Braun. Im Rahmen der Beratung erhalten die Angehörigen Unterstützung dabei, wieder ein zufriedeneres Leben zu führen, den Fokus mehr auf eigene Bedürfnisse zu legen und sich besser von Betroffenen abzugrenzen. Viele Menschen kommen aus eigenem Leidensdruck, manche werden vom Jobcenter oder Arbeitgeber geschickt, haben gerichtliche Auflagen oder wollen ihre Fahrerlaubnis wiedererlangen. Neben Alkohol, sind auch Drogen, Glücksspiel oder Essstörungen Erkrankungen, die viele Menschen betreffen. Häufig sind lange Leidenswege und Nöte mit schweren Suchterkrankungen verbunden. Besonders deutlich wird dies bei der Drogenabhängigkeit, die neben den Tücken der Sucht auch noch vielfältige negative soziale Folgen wie Straffälligkeit, Haft und Wohnraumverlust mit sich bringen kann „Zu uns kommen Menschen jeden Alters, mit jedem Hintergrund und aus den vielfältigsten Beweggründen. Mit jedem suchen wir einen individuellen Weg, und erarbeiten individuelle Ziele.“ Was wäre der Appell zum „richtigen“ Umgang mit Alkohol? „Nicht trinken, wenn es mir schlecht geht und nicht trinken, um leichter mit Schwierigkeiten umzugehen“, so Braun “und sich nicht scheuen, Hilfe zu suchen. Wir sind vorurteilsfrei für jeden da.“

Kontakt: suchtberatung@diakonie-ahn.de, Tel 09181- 44 09 06

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