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Auch heuer gedenkt die Stadt der Pogromnacht im Jahr 1938

10.11.2021 Neumarkt.

Auch heuer gedenkt die Stadt Neumarkt den Geschehnissen in der so genannten Reichspogromnacht 1938 in Neumarkt. Wie schon in den Jahren zuvor hat Oberbürgermeister Thomas Thumann dazu am 9. November ein Gesteck und eine Kerze am Gedenkstein für jüdisches Leben in der Ringstraße abgelegt. „Auch in Neumarkt kam es in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zu schlimmen Ausschreitungen und Aktionen, in denen nicht nur alle Neumarkter Juden ins Gefängnis gebracht worden sind, sondern auch zwei jüdische Mitbürger zu Tode kamen“, erinnert das Stadtoberhaupt an die Geschehnisse. „Die Synagoge wurde sogar völlig verwüstet, nachdem sie zuvor gestürmt worden war. Anschließend wurde sie dauerhaft geschlossen.“ Die Synagoge stand im Zentrum Neumarkts, an der Ecke Hallertorstraße/Hafnergasse. Sie war 1868 erbaut worden. In der Nacht zum 10. November 1938 waren SA- und Parteimitglieder in die Synagoge eingebrochen und hatten wahllos die Einrichtung zertrümmert. Bis zu 100 Personen wüteten dabei in der Synagoge. Jüdische Mitbürger wurden geschlagen und misshandelt. Eine Gedenktafel am Gebäude der früheren Synagoge an der Ecke Hallertorstraße/Hafnergasse erinnert an die Pogromnacht vom 09. November 1938. „Auch der jüdische Friedhof an der Gießereistraße wurde in dieser Nacht geschändet, Grabsteine umgeworfen und danach durfte er bis Kriegsende nicht mehr geöffnet werden“, ergänzt Oberbürgermeister Thumann. Die Reichspogromnacht gilt als der Auftakt zur systematischen Judenverfolgung, in dessen Verlauf viele Millionen jüdische Bürger in Konzentrationslagern, auf Transporten, durch medizinische und andere Versuche sowie auf andere Weise ermordet worden sind.
 
In dem Zusammenhang weist Oberbürgermeister Thumann darauf hin, dass sich die Stadt schon seit Jahren ihrer Geschichte im Nationalsozialismus stellt. So habe es in seiner Amtszeit den Auftrag für ein eigenes Buch zu diesem Thema gegeben, das 2010 unter dem Titel „Neumarkt im Nationalsozialismus 1933-1945“ von den Autoren Dr. Markus Urban und Kathrin Kasparek vorgestellt wurde. In dieser wissenschaftlichen Dokumentation widmet sich die Stadt erstmals umfassend ihrer Geschichte im Dritten Reich. Schon zuvor habe es verschiedene Aktivitäten der Stadt gegeben, etwa die Internationale Jugendbegegnung als Instrument zur Aussöhnung. Auch die Aktionen des Ostendorfer Gymnasiums zum Schicksal der Neumarkter Juden, insbesondere über die Jüdin Ilse Haas, mit dem daraus entstandenen preisgekrönten Musical „Der letzte Brief“ seien erwähnenswert. Daraus entstanden die Kontakte zu den Gebrüdern Haas und daraus dann die Einladung durch die Stadt zum Besuch in Neumarkt. Dabei erfolgte die Namensgebung des Wegs durch den Stadtpark als Ilse-Haas-Weg in einem großen Festakt.
 
Schon seit den 60er Jahren pflegt die Stadt zusammen mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zudem den Kriegsgräberfriedhof am Föhrenweg mit über 5.000 Toten als wichtiges Mahnmal für den Frieden. Im Stadtteil Wolfstein steht darüber hinaus ein Friedenspark, bei dem ein Friedenskreuz und ein Bronzemodell des Durchgangslagers als Erinnerung an die Opfer der Kriegsgefangenen aufgestellt sind. Schon 2008/2009 hat die Stadt eine Ausstellung im Stadtmuseum zum Thema „Neumarkt in der NS-Diktatur. Eine Zwischenbilanz“ durchgeführt und eine weitere Ausstellung widmete sich diesem Thema unter dem Titel „Wider das Vergessen – Neumarkter Lebenswege 1919 bis 1945“. Schon vor über 20 Jahren hatte es eine Ausstellung zur Nachkriegszeit unter dem Titel „Aus Ruinen auferstanden“ gegeben.
 
Auch die Arbeiten von Hans-Georg Hirn und die Verleihung des Kulturpreises an ihn, der sich maßgeblich und intensiv mit der jüdischen Geschichte in Neumarkt und der Region befasst hatte, gehören in diesen Zusammenhang. Sein Werk „Jüdisches Leben in Neumarkt und Sulzbürg“ war ebenfalls von der Stadt gefördert worden. An zahlreichen Stellen in der Stadt sind inzwischen auch sogenannte Stolpersteine zur Erinnerung an ermordete bzw. vertriebene jüdische Mitbürger angebracht worden. „Wir sehen die Erinnerungskultur schon als wichtige Aufgabe an, auch damit so schreckliche Ereignisse nicht mehr geschehen können“, so Neumarktes Oberbürgermeister Thumann. „Dass diese Mahnung weiter wichtig ist, zeigen uns aktuelle Vorkommnisse leider immer wieder.“
 
 
Der Gedenkstein in der Ringstraße mit der Blumenschale und der Kerze der Stadt
 
Foto: Dr. Franz Janka/Stadt Neumarkt
 
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