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Anklage wegen Fälschung von digitalen Impfzertifikaten

21.03.2022 Nürnberg / München.

Die ZKG bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hat wegen des Vorwurfs der Fälschung von digitalen Impfzertifikaten über den Rechner einer Münchner Apotheke unter anderem wegen unzutreffender Bescheinigung einer COVID-19-Schutzimpfung in 1074 Fällen Anklage zum Landgericht München I erhoben. Gewinn aus diesen Taten laut Anklageschrift: Über 130.000 €.

Die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) geht in ihrer Anklage aufgrund ihrer Ermittlungen davon aus, dass die beiden Angeschuldigten – eine Beschäftigte der Apotheke und eine weitere Person - einen gewerbsmäßigen Verkauf von Impfzertifikaten betrieben. Sie sollen ab Mitte August 2021 auf einem deutschsprachigen Cybercrimeforum – unter einem Pseudonym – unberechtigt erstellte QR-Codes für den digitalen Corona-Impfausweis zum Preis von mindestens 150,- € verkauft haben, ohne dass eine Impfung tatsächlich erfolgt und nachgewiesen war.

Für die Erstellung der QR-Codes soll ohne Kenntnis des Apothekers die IT-Infrastruktur der Münchner Apotheke durch unberechtigten Zugriff genutzt worden sein. Es sollen so 1074 Impfzertifikate rechtswidrig ausgestellt worden sein - nahezu alle für den gewerbsmäßigen Weiterverkauf. Den Angeschuldigten liegt daher unter anderem auch die gewerbsmäßige Fälschung technischer Aufzeichnungen sowie Geldwäsche zur Last.

Zu Beginn sollen die Daten der jeweiligen Käufer nach Übermittlung durch ihren Mittäter von der Beschäftigten selbst in den Rechner der Apotheke eingegeben worden sein. Nach einiger Zeit sollen die Angeschuldigten eine Fernzugriffsoftware auf dem Rechner installiert haben, sodass nunmehr der Zugriff auf den Rechner und damit die Eingabe der Daten von außerhalb möglich war. Der Zugriff soll über einen bulgarischen Server erfolgt sein. Der Fernzugriff auf den Apothekenrechner soll jedoch über den Monitor mitverfolgbar gewesen sein. Deswegen sollen die Angeschuldigten den Apothekenrechner zuletzt über eine entsprechende Einstellung zur Nachtzeit automatisch gestartet und die Daten sodann mittels Fernzugriffs nachts eingegeben haben, also zu einer Zeit, zu der in der Apotheke niemand anwesend war. So sollen sie das Entdeckungsrisiko minimiert haben.

Zur Erläuterung des üblichen weiteren technischen Ablaufs: Nach Übermittlung der Daten an das Robert-Koch-Institut (RKI) wird dort, ohne weitere Prüfung, der QR-Code generiert und dem Apothekenrechner zum Abruf bereitgestellt.

Die Bezahlung durch die Kunden soll über Bitcoin oder Monero erfolgt sein.

Die Zertifikate sollen auch in größeren Chargen an weitere Personen - sogenannte „Reseller“ – verkauft worden sein, die die Zertifikate an die Endabnehmer weiterverkauft haben sollen. Der Ziel soll gewesen sein, hierdurch den Auslandsabsatz zu fördern und die Gefahr der Entdeckung zu verringern.

Ein Teil der Abnehmer konnte aufgrund umfangreicher polizeilicher Ermittlungen identifiziert werden. Gegen sie wurden bzw. werden Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz und Geldwäsche eingeleitet.

Durch den Verkauf der Zertifikate sollen sich die Angeschuldigten einen Betrag von insgesamt über 130.000,- € verschafft haben. Bereits im Ermittlungsverfahren wurden Kryptowährungen und Bargeld in entsprechender Höhe gesichert. Die ZKG strebt die Einziehung des Erlöses im Rahmen der Hauptverhandlung an.

Motiv für die Taten soll gewesen sein, dass der hohe Lebensstandard der Angeschuldigten mit ihren legalen Einkünften dauerhaft nicht finanzierbar war.

Die Anklageschrift enthält darüber hinaus Anklagepunkte, die mit der Fälschung von Zertifikaten nichts zu tun haben, beispielsweise den Vorwurf eines gemeinsam begangenen versuchten Betrugs beim Leasing eines Porsche.

Mit den polizeilichen Ermittlungen betraut war das Bayerische Landeskriminalamt. Auf den Vorgang aufmerksam geworden war das Bundeskriminalamt (BKA), Abteilung Cybercrime, im Rahmen von Recherchen im Darknet.

Im Ermittlungsverfahren zeigte sich die Beschäftigte der Apotheke überwiegend geständig.

Über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens muss jetzt das Landgericht München I entscheiden.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Angeschuldigten bis zu einer etwaigen rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gelten.

Zur Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG): Die ZKG ist im Wesentlichen zuständig für Korruptions- und Vermögensstraftaten, die Angehörige der Heilberufe, welche für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung benötigen, im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung begehen.

Die Zuständigkeit der ZKG erstreckt sich auf den gesamten Freistaat Bayern. Sie umfasst das gesamte Ermittlungs- und Strafverfahren. In den von ihr geführten Verfahren nimmt die Zentralstelle auch die Aufgaben der Vollstreckungsbehörde wahr.

Im Rahmen dieser Zuständigkeit nimmt die ZKG (anonyme) Hinweise auf Straftaten unter der URL: https://www.bkms-system.com/ZKG entgegen.

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